Motorrad-Reisen und -Touren

Monatliches Archiv: Oktober 2016

Tag 120 – Inspektion

31. Oktober – Ein paar Kilometer in Pamplona zur Werkstatt und zurück

Nicht nur, dass ich super kurzfristig einen Termin zur Inspektion bekommen habe. Als ich die Maschine  um neun Uhr abgebe und frage, wann sie denn fertig ist, sagen sie: ‚Um eins‘. Ich bin platt und rechne insgeheim damit, dass es ein spanisches ‚eins‘ ist. Aber als ich um eins da bin, ist sie tatäschlich fertig. Service, Bremsbeläge ausgetauscht, Federbein vorne abgedichtet, Kardanöl ersetzt und pico bello geputzt. Ich bin baff. Und begeistert.

Weniger begeistert bin ich, dass mir die Werkstatt bestätigt, was ich schon ein paar Tage verdränge: Die Reifen sind sehr bald um. Ich hab mal geguckt, die sind erst 3’100 km drauf. Ok, ich hatte in Frankreich sehr viel Spass. Aber so viel Spass? Bleibt aber nichts übrig, die müssen runter. Ich schau mal in Portugal, wo das was machbar ist.

Plaza del Castillo, Pamplona, Navarra, Spanien

Ansonsten dachte ich gestern noch, dass es schon sehr komisch ist, dass die hier die Stiere mitten durch die Stadt treiben. Aber heut war ich in der Altstadt, da schien mir das schon plausibler. Auch nachdem die ich die Stierkampfarena gesehen habe, die wohl scheinbar nur einmal im Jahr während der Sanfermines gebraucht wird..

Gegenüber des Plaza de Toros, Pamplona, Navarra, Spanien Plaza de Toros, Pamplona, Navarra, Spanien

Was ich ultraschön finde: Die kleinen Gassen und sehr, sehr viele kleine Läden. Meinen Mittags-Snack hab ich mir im Schinkenparadies zusammengestellt. Und genau so lecker wie’s erst ausgesehen hat, war es auch.

Schinkenparadies, Pamplona, Navarra, Spanien Ladenauslage, Pamplona, Navarra, Spanien Conos Ibericos, Pamplona, Navarra, SpanienMittagspause mit Stil, Plaza del Castillo, Pamplona, Navarra, Spanien Ich hab’s richtig genossen mir meine Maschverpflegung für morgen auch in diversen kleinen Läden zusammenzusuchen. Die Reihen von Läden sind durchmischt von spanischen Bars und vieles spielt sich draussen ab. Wirklich tolle Atmosphäre, die zum Gucken einlädt. Die Altstadt selbst ist auch nicht von schlechten Eltern. Hier könnt ich auch nochmal einfach so hinkommen für ein Wochenende.

Aber auch hier gibts Bausünden. Und sogar gestaffelt von hässlich, nach sehr hässlich. Was hat man in den 70ern, 80ern nicht alles verschandelt. Glücklicherweise ist das die Ausnahme. Und das ist auch gut so.

Bausünden in Etappen, Pamplona, Navarra, Spanien

 

Tag 119 – Pferde-Spa

Der Tag fängt gut an. Es geht weiter durch sehr schmale Strässchen und zwar ne ganze Weile lang. Manchmal hab ich das Gefühl, durch eine lebendig gewordene Milka-Werbung zu fahren.Milka WerbungAls die Strassen wieder etwas breiter werden entdecke ich einen schönen Pausen-Parkplatz. Weitab vom Trubel des Verkehrs, mittem im Nirgendwo. Als ich grade die Kamera zücke, um von den wunderbaren leeren Strassen bei Licq-Athérey (Aquitanien, noch Frankreich) ein Bild zu machen, tPause im Nirgendwoaucht in meinem Rücken ein Rudel spanischer Wohnmobile auf. Das bleibt mitten auf der Strasse stehen, da wo auf dem Bild noch nichts ist ausser Strasse. Ein paar kleinere Fahrzeuge haben sich auch noch in das Rudel verlaufen und geniessen dessen Schutz. Aus dem Wohnmobil des Rudelführers höre ich, wie eine Frau auf den Rudelführerfahrzeugfahrer einredet. So langsam setzt sich der ganze Tross wieder in Bewegung und nimmt nach und nach die enge Kehre auf den Parkplatz. Ich gebe  zu, ich habe Spass diesem Schauspiel beizuwohnen, wie insgesamt fünf 8m-Wohnmobile im Schneckentempo diese Kehre nehmen. Das geht in der Regel nicht ohne Rangieren ab. Und während die letzten noch mit der Lenkung kämpfen, haben die ersten schon parkiert und schnattern auf spanisch aufeinander ein. Ich verstehe natürlich kein Wort, aber so wie das abging, hat das Rudel sich verlaufen. Als ich abfahre, wird immer noch diskutiert.

Dann geht’s weiter Richtung spanische Grenze. Morgen früh ist 50’000er Inspektion. Die 50’000 habe ich dann auch passend heute vollgemacht.

Pferde auf Schotter kurz vor Port del LarrauKurz vor der Passhöhe ist ein Parkplatz, vom dem eine Schotterstrasse abgeht. Eingehende Prüfung ergab keine Verbotsschilder, also hab ich mal geguckt, was da so ist. Diesmal waren’s keine Kühe, sondern Pferde. Aber da ich nun eindeutig eher in deren Territorium eindringe als andersrum, gehen wir vorsichtig miteinander um, verstehen uns gut und geniessen zusammen die Aussicht. Bis ich ein wenig weiter auf eines treffe, dass es sich offensichtlich gut gehen lässt. Ich konnte nicht anders, ich musste das einfach aufnehmen und vertonen.

Nachdem wir alle unseren Spass hatten, überliess ich die Pferde wieder ihrer Erholung und es ging weiter Richtung Passhöhe zum Port del Larrau.

Port de LarrauIch hab jetzt in den Pyrenäen den ein oder anderen Pass gesehen. Aber der Larrau schiesst den Vogel ab. Die Anfahrt von französischer Seite macht monstermässig Spass, die Aussicht ist bei strahlendem Wetter und 23°C der Hammer und ich komm aus dem Grinsen nicht mehr raus. Oben hat man eine fast 270° Rundumsicht auf die umliegenden Berge – von oben.

Das wissen auch die anderen gefühlten 500 anderen Leute mit ihren Autos und Wohnmobilen, die da oben stehen. Ein Betrieb wie auf dem Rummelplatz. Aber es ist auch Sonntag.

Port de LarrauWeiterfahren auf die spanische Seite lässt mir dann gleich nochmal den Mund offen stehen und ich muss schon wieder anhalten um Fotos zu machen. Reihenfolge: Blick nach vorne, Blick nach unten, Blick nach hinten. Alles von der gleichen Position aus aufgenommen.

Port del Larrau - Blick nach VornePort del Larrau - Blick nach untenPort del Larrau - Blick nach hintenUnd ich hatte schon Bedenken, ob ich nicht vielleicht Schnee hätte, wenn es über die Pyrenäen geht. Aber wenn es Ende Oktober etwas gibt, worüber ich mir dieses Jahr hier keine Sorgen machen muss, dann ist das Schnee. Nicht mal über Regen. Seit Wochen hatte ich keinen Regen, nichtmal am Tag des Erdrutschs, der uns vorgestern die unfreiwillige Pause verschafft hat. Da war ich in Prades und es war so ein wenig neblig. Mehr nicht.

Weiter geht’s dann Richtung Pamplona mit Tankpause in Aribe. Und danach legt die Strasse nochmal richtig zu. Aber sowas von. Unglaublich tolle Kurven und ich habe Megaspass.

Pamplona selbst ist dann wie ausgestorben. Bestimmt weil Sonntag ist. Auf jeden Fall komme ich ganz ohne jeden Stau zum Hotel und das ist auch gut so.

 

Tag 118 – Pausenlos Pyrenäenpässe

29. Oktober – 268.8 km von Arglès-Gazost nach Oloron-Sainte-Marie

Geplante Route für heute war Col du Soulor, Col d’Aubisque, Col du Pourtalet, Col du Somport. Und diesmal ging auch alles glatt. Abgesehen davon, dass auch die Franzosen den Brückentag am 31.10. nutzen und die verbleibenden Hotels belegen. Denn die meisten Unterkünfte haben entweder nicht mehr oder noch nicht Saison.

Wie gestern schon vermutet: Den Soulor und Aubisque bei gutem Licht, und schönem Wetter zu machen, das ist gleich der doppelte Spass als sie abends noch reinzuquetschen. Und wie gut die Entscheidung war, kann man auf den Bildern ganz gut erkennen, glaub ich.

D918, Arrens-Marsous, FrankreichD918, Béost, FrankreichCol d'AubisqueAuf dem Aubisque haben sie freundlicherweise für uns einen Kinderspielplatz aufgebaut. Ich weiss nicht so recht, ob der dafür gedacht ist, oder einfach nur da so rumsteht weil die Tour de France hier vorbei geht. Aber Spass hat’s auf jeden Fall gemacht. Dank an die Bündner für das Foto 🙂

Ralf auf dem Kinderspielplatz

Auf der Fahrt ist noch ein schönes Bild von mir entstanden, das ich jetzt nachträglich hier noch einfüge. Danke dafür,  A. aus O.  🙂

Bei Béost, Frankreich

In Laruns trennen sich unsere Wege wieder. Ich hoffe, nicht zum letzten Mal.

Für mich geht’s dann nach Supermarktpause weiter gen Süden. Nicht ohne bei sonnigen 20°C die Trinkblase aus und die Regeninlays wieder einzupacken. Das fühlt sich nach Sommer an. Nicht nach Ende Oktober. Aber soll mir ja recht sein.

Den Pourtalet finde ich jetzt nicht wirklich schlecht, aber so der Brüller wie die von Motorradonline sagen find ich den auch nicht. Wie auch immer: Spass gemacht hat er. Danach nach Spanien rein, eine Kurve gedreht und Richtung Jasa. Kleine knuffige Single Track Road. Die Mittellinie wirkt ein wenig wie der verzweifelte Versuch, die Strasse breiter scheinen zu lassen als sie ist. Aber hat nicht geholfen. Single Track bleibt Single Track. Auch dann, wenn man sie anders anmalt.

Dafür gabs mal wieder prima Aussichten bei Temperaturen bis 25°C und strahlend blauem Himmel.

Aussicht auf der HU-V-2201 zwischen Borau und AsiaDer Somport von der spanischen Seite kommend ist eingentlich eine verkappte Autobahn. Da Spanier aber mit Geschwindigkeitsbegrenzugnen nicht geizen, ist der auch nicht so lustig. Ich glaube, das ist so ein Südländer-Ding, überall vollkommen unsinnige Geschwindigkeitsbegrenzungen aufzuhängen. Damit da was hängt. Mehr so als Deko. Und warum da manchmal alle hundert Meter ein Überholverbotschild, abwechselnd mit Überholverbot aufgehoben hängt, das bleibt mir auch ein Rätsel. Und das nicht nur einmal.

Dafür wirds auf der französischen Seite dann wieder interessanter – und ohne überflüssigen Schilderwald. Wenn die Franzosen mal vor was warnen, dann ist’s ernst.

Sehr schön auch, ich hab mich gefreut wie Weihnachten und Ostern zusammen und bin ganz aus dem Häuschen: Vor mir ein Wohnmobil mit für ein Wohnmobil schon recht zackigem Fahrstil. Französisches Kennzeichen. Ich hatte aber nicht so wirklich gute Gelegenheit vorbeizukommen. Und was macht der? Fährt  bei der nächsten Möglichkeit rechts ran und lässt mich vorbei. Das ist mir noch nie passiert. Üblicherweise sind Wohnmobile die, die vor mir herschleichen und die kilometerlange Schlange hinter sich herziehen ohne davon auch nur ansatzweise beeindruckt  zu sein. Wieder einmal ein dickes Plus für französische Fahrer.

[Edit, 30.10.2016: Titel geändert und Rechtschreibkorrekturen]
[Edit, 04.11.2016: Absatz mit Tunnelbild eingefügt]

Tag 117 – Überraschung

28. Oktober – 125 km von Saint Lary Soulan nach Arglès-Gazost

Wieder einer dieser Tage an denen ich froh bin, dass ich nicht die ganze Reise bis ins kleinste Detail geplant habe. Weil erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.

Die heutige Tour sollte über den Col du Tourmalet zum Col Du Pourtalet führen. Auf dem Weg dahin komme ich auf dem Col D’Aspin vorbei. Oben angekommen das Warnschild Freilaufende Kühe. Und als hättens sie’s gelesen: Hinter der nächsten Kurve steht die Kuhherde. Da bin ich auch schon fast oben und scheinbar haben die Kühe den Pass als Ihr Revier auserkoren. Kuh-Flut quasi.

Was ich besonders putzig finde, und das bilde ich mir bestimmt nur ein: Bevor sie die Strasse überqueren, bleiben sie kurz stehen und schauen, ob was kommt. Letztlich ist das aber scheinbar egal, denn getreu dem Motto: Wenn es mich nicht überfährt, ist frei, trotten Sie dann in aller Seelenruhe über die Strasse.

Kühe am Col d'AspinAber wenigstens sind es hier oben fast 20°C während es unten noch schattige 5°C waren. Verkehrte Welt heute. Das hätte mir schon eine Warnung sein sollen 😉

Oben auf dem Tourmalet angekommen, eine phantastische Aussicht. Und wie ich später erfahre, habe ich eine noch ebenso phantastische Schotterstrecke mit noch besserer Aussicht da oben verpasst.

Aussicht vom Col du TourmaletAuf dem Weg runter komme ich an mehreren Schildern mit „D911 gesperrt bis 28. Oktober“ vorbei. Die ignoriere ich aber geflissentlich weil a) hab ich eine Enduro und b) ignorieren hilft in solchen Fällen oft. Ich umfahre einen nach gesperrt aussehenden Teil der D921 und bin froh, dass ich drumrum bin. Scheinbar. Und plötzlich das:

D921 Route BarréeRecherche im Internet bring es an den Tag. Da ging wohl, bedingt durch starken Regen, vor dem 25.10. ein Steinschlag runter und da muss der Hang gesichert werden. Bis heute, 17:00 Uhr.

Das Dumme: Drumrum fahren wäre mal wieder eine grossräumige Umfahrung und die dauert 3 Stunden. In etwa so viel wie die Wartezeit wäre.

Ich prüfe, wie schwer die Sperren sind und stelle fest: Plastik, ohne was drin. Nur Attrappe. Also doch die Enduro-Karte ziehen? Genau jetzt kommt mir ein Baustellenfahrzeug entgegen und ich frage, ob ich da mit dem Mopped durchkomme. Er macht mir unmissverständlich klar: Nein. Die können keinen durchlassen. Viel zu gefährlich.

Ok. Also Planänderung und ein Hotel in heute noch fahrbahrer Entfernung suchen, gerechnet vom Zeitpunkt der Öffnung um 17:00 Uhr.

In dem Moment kommen von hinten zwei Moppeds: Die Bündner. So eine Überraschung und Freude, die beiden wieder zu sehen. Nach einigem Hin- und Her entscheiden wir um die Barriere drumrum zu fahren und mal zu gucken. 300m weiter meinen die Franzosen es aber dann wohl wirklich ernst. Rien ne va plus.

D921 - Rien ne va plusAlso quatschen wir ein wenig und essen was. Dabei erfahre ich auch von der verpassten Schotter-Chance. Da nichts weiter zu tun war, legen wir uns eben auf die Strasse und sonnen ein wenig. Mit den Sperren vor- und hinter uns kann da ja keiner kommen. Immerhin bekomme ich so meine Dicke mal von unten zu sehen

R 1200 GS Adventure LC von untenSo eine Wartezeit kann sich ganz schön ziehen. Die Minuten tröpfeln nur so dahin.

Ab halb fünf wird die Autoschlange vor der vordersten Absperrung immer länger und wir können bald das Ende nicht mehr sehen.

Kurz vor fünf kommt dann ein Polizeiauto vorbei und mein schlechtes Gewissen regt sich sofort. Der Beifahrer macht uns so komische Handbewegung in Richtung Autoschlange. Wir entscheiden uns dafür, dass wir französische Gesten nicht verstehen.

Es wird 17:00 Uhr, 17:30, 18:00 Uhr.

Ich überlege schon ernsthaft ob ich nicht mein Zelt aufschlagen soll falls die gar nicht mehr aufmachen. Nofallrationen hätte ich ja dabei. Allerdings hatte ich mich auf einen Notfall in der einsamen Wildnis Norwegens, Finnlands oder Rumäniens gefasst gemacht. Und nicht auf einen zwischen zwei Baustellenabsperrungen mitten im recht dicht besiedelten Süd-Zentraleuropa. Um 18:07 scheinen die Polizisten endlich mit den Bauarbeiten zufrieden zu sein und öffnen die Absperrungen. Und wir sind die ersten. Puh.

Jetzt ist der komplette Zeitplan über die Wupper und ich bin froh, dass ich auch kein Ersatz-Hotel gebucht habe. Das würde ich wahrscheinlich auch nicht mehr im Hellen erreichen.

Also suchen wir uns eine kleine Pension in der Nähe und den Rest sehen wir halt morgen.

Tag 116 – Kitsch

27. Oktober – 233.8 km von Sant Julià de Lòria nach Saint Lary Soulan

Eigentlich wollte ich ja durch Andorra durch. Aber nachdem es da nur eine Strasse durch gibt und die nach Osten weg geht, entscheide ich mich für den geordneten Rückzug. Das was ich so gesehen habe, da ist Andorra ähnlich zugebaut wie Monaco. Unglaublich, was und wie die da bauen. Da bekommt das Wort Hochhaus gleich nochmal eine andere Bedeutung.

Hochhäuser in AndorraImmerhin gehts nochmal ein ganz klein wenig einen Abstecher in die Berge. Und weil dort kein Platz ist, sind die Steigungen und Serpentinen entsprechend spassig. Weil die ja viel mehr Höhe in viel weniger Kilometern überbrücken müssen.

Església de Sant Cerni, Nagol, AndorraWeiter gings dann Richtung Port de la Bonaigua wieder in die spanischen Pyrenäen. Oben treffe ich ein Bündner Pärchen, die mit mir so ziemlich alleine da hoch gefahren sind.  Ausser ein paar Autos war die Strasse uns. Wir unterhalten uns ein wenig und sie bieten mir an, ein Foto von mir, dem Mopped und dem Pass-Schild zu machen. Als sie Ihre Maschinen wegfahren, um Platz für’s Foto zu machen höre ich plötzlich ein Geräusch, das mir sehr vertraut vorkommt. Da liegt die Maschine auf der Seite und auf die Frage: „Was war denn das?“ Gibts mit einem herzhaften Lachen nur zurück: „Der Ständer …..“. Bin ich froh, dass nicht nur mir das passiert.

Aber das Fotos ist fein geworden. Mein erster 2000er auf der Tour – glaube ich. Oh. Und die Fahrt da hoch war der Hammer. Definitive Empfehlung!

Port de la Bonaigua, Katalonien, SpanienWeiter dann in Richtung Col de Peyresourde. Trotz der Empfehlung von Motorrad Online fand ich den Port de la Bonaigua viel besser und der steht noch nichtmal auf deren Top10-Liste. Aber so sind die Geschmäcker verschieden.

Aber eins muss man den Pyrenäen im Herbst bei gutem Wetter lassen: Unfassbar schöne Landschaft. Mehr als einmal wäre ich sicher zum Verkehrshindernis geworden, wenn Verkehr gewesen wäre, weil ich nur geglotzt hab wie die Kuh gestern. Die Farben sind manchmal richtig kitschig. Wenn ich das auf einem Foto sehen würde, hätte ich sicher gedacht, da hätte jemand nachgeholfen.

Dann wieder ab Richtung Frankreich. Nochmal einen Abstecher. Geht sicher die nächsten Tage noch ein paar Mal hin und her. An der Grenze winken mich freundliche Kontrolleure durch, wie immer. ‚Grenze‘ bestand darin, dass ich auf der Karte gesehen habe dass da eine ist. Und natürlich weil die freundlichen Herren da standen. Aber kein Schild, kein nichts. Ich frage mich auch, was die da kontrolliert haben.

In Frankreich dann wieder das allabendliche Restaurant-Spiel: Viertel nach sieben: Restaurant leer. Kurz vor acht: Restaurant brechend voll. Die Franzosen sind da sogar scheinbar viel pünktlicher als die Schweizer. Oder die Schweizer sind smarter: Warum sollte man dann gehen, wenn alle anderen auch gehen?

Aah. Und eine Inspektion habe ich. Am 31.10. in Pamplona. Da hab ich ja noch ein paar Tage um hier rumzufahren 🙂

 

 

Tag 115 – Trau keiner Kuh über 60

26. Oktober – 259.5 km von Prades nach Sant Julià de Lòria

Heute also nach Andorra. Dem Namen nach dem Albtraum meiner Jugend. Wer musste das Buch vom Schweizer Max Frisch nicht in der Schule lesen? Spätestens mit dieser Lektüre hat unser Deutschlehrer, den letzten Funken Interesse am Fach Deutsch in mir nachhaltig getötet. Macht nichts, dafür haben viele andere Lehrer das geweckt was in mir steckt. Allen voran unser Informatik- und Physiklehrer, auf den ich heute immer noch grosse Stücke halte.

Le Tech, Languedoc, FrankreichDer Abschied von Frankreich fällt mir wirklich schwer. Der Aufenthalt der letzten neun Tagen hat mir viele neue Facetten des Landes gezeigt und die meisten davon waren ausserordentlich positiv. So langsem werden wir Freunde. Hat ja auch lange genug gedauert. Erstaunlich auch, wie viel von meinem Schulfranzösisch noch hängen geblieben ist. Zum Glück. Sonst wäre ich wohl sang- und klanglos untergegangen und hätte sicher nicht so viele postive Eindrücke mitgenommen. Merke: Wer den Zugang zu Land und Leuten bekommen möchte, dem hilft es ungemein, wenn man die Sprache kann oder sich zumindest bemüht. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten in anderen Ländern wären natürlich rein zufällig.

Für die Route nach Andorra wähle ich den langen Weg drumrum, auch wenn ich die ersten Teilstrecken schon gestern gefahren bin. Aber 118 km wären wirklich zu lachhaft gewesen. Und ich wollte ja unbedingt mindestens eine Nacht hier sein.

Die spanische Grenze ist erstaunlich unspektakulär. Oder ich bin einfach mittlerweile grenzmüde. Immerhin ist das mein 32. Grenzübergang für diese Tour. Zunächst bin ich nicht so begeistert von den spanischen Strassen. Im Vergleich zu Frankreich empfinde ich sie eher langweilig. Aber dann später drehen die Spanier voll auf und ich habe grossen Spass auf Pässen bis auf 1’800m rauf.

Komisch fühlt es sich aber doch an, durch Skigebiete fährt, die sich langsam auf die Saison vorbereiten und ich selbst bin noch auf dem Weg in den Nach-Sommer. Wobei ich mich schon wie Bolle auf eine volle Saison in Engelberg als Snowboardinstruktor bei BOARDLOCAL freue.

Kuh auf der Strasse bei Tosos, Katalonien, SpanienDie Kuh stand da schon, als ich um die Kurve kam und es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte Kuhragout aus ihr gemacht. Jetzt weiss ich auch, warum hier 60 km/h ist. Aber sie glotzt unbeweglich und gibt mir sogar noch Zeit, die Handschuhe auszuziehen und ein Foto zu machen. Ganz kurz kommt mir der Gedanke, irgend ein Witzbold hätte eine Kuh-Attrappe auf die Strasse gestellt. Aber dann bewegt sie sich doch.

Im weiteren Verlauf des Tages gibt es atemberaubende Ausblicke und ich freue mich auf die nächsten Tage in den Pyrenäen.

Molló, Katalonien, Spanien Aussicht bei Alp, Katalonien, SpanienBleibt nur noch den Termin für die 50’000er Inspektion mit der Route abzustimmen. Das gestaltet sich genau so schwierig wie in Norwegen. Aber ich bin zuversichtlich, dass irgend eine Werkstatt passend auf der Route aufzutreiben ist.

 

Tag 114 – In Prades, um Prades, um Prades herum

25. Oktober – 179.3 km rund um Prades

Weil’s so schön war, habe ich tatsächlich einen Tag verlängert und Prades als Start und Ziel für eine Rundtour genutzt. Meine Güte. Die Franzosen können Strassen bauen. Nicht, dass die Schweizer das nicht auch könnten, aber hier muss es halt nicht ganz so perfekt sein. Das macht’s ein wenig spassiger. Wer Freude an ruppigen Strassen durch’s Gebirge hat, der ist hier richtig.

D618Manchmal ertappe ich allerdings mich dabei, wie ich mir denke jetzt bloss nicht runtergucken. Hier und da fand ich die kleinen Mäuerchen, die mich vom Abgrund trennen, doch gewagt. So ganz frisch schienen die auch nicht immer zu sein. Möchte nicht wissen, wie viele Fahrzeuge beim Fahrstil der Franzosen da unten schon gelandet sind.

Sainte-Agnès in La BastideAber zunächst ging der Tag erstmal los Richtung La Bastide mit dem eigenwilligen Turm der Kirche Sainte-Agnès.

Verkauf Château aus dem 9. JahrhundertWen hier dann das unstillbare Verlangen überkommt, ein Château aus dem 9. Jahrhunder zu kaufen, der wird hier auch fündig.

Gleich nach La Bastide gehts zum Col Palomère und dort links in den Schotter zum Tour de Batère aus dem 14. Jahrhundert. Ich wusste, dass da Schotter ist, deswegen bin ich hin. Aber Schotter und Schotter sind ja bekanntlich zweierlei Dinge. Dieser Schotter war klasse. Mal nicht so Larifari-Steinchen sondern was Ordentliches. Hatte fast Park-Qualität und die Dicke kam mal ordentlich zum Einsatz. Die Aussicht von da oben auf 1’450m war auch nicht von schlechten Eltern. Kann man verstehen, warum die den Turm damals dahin gebaut haben.

Tour de BatèreAussicht vom Tour de BatèreAuf dem Weg nach unten wieder ein Lost Place. Abei aller Phantasie konnte ich aber nicht ausmachen, was das mal war. Die Grenze ist zu weit weg, so wirklich alt scheint es noch nicht zu sein und die noch vorhandenen Aufnahmen für technische Vorrichtungen weckten bei mir auch keine Assoziationen.

Lost PlaceGleich daneben graste eine Schafherde, die sich Schaf für Schaf an mir vorbei getraut hat. Nicht ohne sehr skeptisch zu gucken, was der Mann da macht. Das Vor-Schaf hat sich zuerst getraut – oder wurde von den anderen geschickt. Da weiss man jetzt nicht, ob es besonders mutig oder besonders dumm war. Es hat mich auf jeden Fall ganz schön lange angestarrt und ist nur schrittweise vorwärts gegangen.

Vorhut SchafWeiter runter ein besonderes Schauspiel: Das Tal lief mit Wolken voll. Innerhalb von 15 Minuten von 0 auf voll. Während es oben noch einigermassen sonnig war, war unten dickste Suppe.

WolkensuppeBei dem Licht bekamen die Bäume auch glatt was mystisches. Eigentlich ein ganz normaler Baum. Aber bei den hochziehenden Wolken hatte das was von Nebel des Grauens.

Nebel des Grauens

Tag 113 – Offen fahren bei km 20’000

24. Oktober – 203.4 km von Toulouse nach Prades

Es wird deutlich wärmer im Süden. Heute hatte ich 26 Grad max. So warm wird’s zwar nicht mehr die kommenden Tage, aber immer noch sehr angenehmes Moppedwetter. Was mich heute dazu ‚gezwungen‘ hat eine Schicht nach der anderen in die Taschen zu packen und zum Schluss sogar alle Lüftungen der Kombi aufzumachen. Der perfekte Tag um die 20’000 km voll zu machen.

Und auch ansonsten liess sich Frankreich nicht lumpen und bietet mir bei Sonnenschein einen Bilderbuch-Herbsttag mit Moppedstrecken wie gemalt.

Herbst im Forêt de NavarreHerbst im Forêt de NavarreBach bei Counozouls Herbst bei CounozoulsForêt de Navarre Aunat Mittlerweile bin ich in den Pyrenäen angekommen. Was die Franzosen hier so in die Berge gebaut haben, da muss man schon viel Phantasie haben, um sich vorzustellen, dass man da überhaupt bauen kann und das auch noch hält. Aber es hält wohl und das schon eine ganze Weile.

Mosset Sainte-Colombe-sur-GuetteHeute morgen hatte ich geguckt von wo sich die Pyrenäen am besten tourmässig starten lassen und bin auf Prades gestossen. Dort mal geschaut und bin bei einer 9.3-Bewertung mit 185 Bewertungen auf booking.com hängengeblieben, die zudem noch einen günstigen Preis hatte. 9.3 hatte ich bisher fast noch nie gesehen, und wenn, dann unbezahlbar. Also mehr oder minder blind gebucht und mit der Domain de la Tannerie den Jackpot gezogen. Bisher unterkunftstechnisch das Highlight der Tour. Ich überlege, ob ich nicht einfach noch ne Nacht ranhänge und von hier aus Touren starte und morgen den Tag geniesse.

Domaine de la Tannerie Domaine de la Tannerie Domaine de la Tannerie Domaine de la Tannerie Domaine de la Tannerie Ansonsten ist Prades ein knuffiges kleines Städchen und scheinbar wie so vieles hier auch schon ziemlich alt. Und abends ziemlich tot. Was allerdings den Bildmotiven keinen Abruch tut.

Prades bei Nacht Prades bei Nacht

Tag 110 – 112 – Relaxen in Toulouse

21. – 23. Oktober – 0 km mit dem Mopped

Das Wetter entpuppt sich hier unten als durchaus erträglich. Sonnig, manchmal windig aber warm, über 20°C. So langsam scheine ich dem Herbst ein Schnippchen zu schlagen. Das Wetter lädt zum Bummeln an der Garonne ein und die Wärme tut gut.

Die Preise hier stehen im Übrigen denen in Zürich nichts nach. Da fühlt man sich schon fast wie daheim 😉Jardin GoudouliJardin GoudouliGaronne Garonne Garonne

Tag 109 – Projekt Herbstflucht

20. Oktober – 348.8 km von Egliseneuve d’Entraigues nach Toulouse

Das Hotel gestern war wieder eine sehr angenehme Überraschung. Kurzfristig eine Stunde vorher gebucht, wie die meisten Tage. Weiss ja nie so recht wo ich wann bin bzw. weiss es dann, wenn ich da bin. War mitten im Regionalen Naturpark Volcans d’Auvergne, liebevoll eingerichtet,  sehr gutes Essen und Wein natürlich. Herbstlaub auf TreppeFrankreich, das merkt man im Supermarkt schon, ist ein Weinland. Habe selten in einem normalen Supermarkt so eine grosse Weinauswahl gesehen.

Projekt Herbstflucht ist aber noch nicht abgeschlossen. Der Herbst bleibt zwar hinter mir her, aber so richtig abgehängt habe ich ihn noch nicht.

Morgens bin ich auf 1’000 m bei 5°C losgefahren, das hätte sich kühl anfühlen sollen, war es aber seltsamerweise nicht. Danach gings hoch bis auf 1’600 m. Unterwegs fängt meine Dicke ab 2°C hektisch an zu blinken und warnt mich vor der Temperatur. Als hätte ich nicht selbst gemerkt, dass es kühler wird. Oben auf dem Col du Pas de Peyrol angekommen, habe ich den Beweis, dass es wirklich kalt ist. Sieht hübsch aus. Aber auf der Strasse muss ich das nicht haben.

Eisblumen auf dem Col du Pas de PeyrolDanach gehts aber wieder runter bis ich auf 300m moppelige 14°C habe. Direkt nach dem Col taucht ein grossartiges herbstliches Bergpanorama auf und ich kann nicht anders, als nochmal Pause zu machen.

BergpanoramaDie weitere Strecke geht bis 50 km vor Toulouse durch schmale Ministrassen die mich einmal mehr begeistern. Diese Gegend Frankreichs rutscht auf meine Liste der Lieblingsstrecken jetzt recht weit hoch. Nachteil der Sache: Sowohl das Navi als auch mein Gefühl täuschen sich gewaltig, wie viel mehr Zeit man braucht, um darauf zu fahren.

Interessante Erkenntnis: Jedesmal wenn ich von der Route abweiche und das Navi neu rechnet, findet es neue kurvenreiche Strecken und die Fahrt wird immer länger. Aber der Spass ist es wert. Trotzdem wird irgendwann auf schnellste Strecke umgestellt. Irgendwann will ich ja auch ankommen.

Es wird übrigens auch in Frankreich gebaut wie blöde. Mehr als einmal stehe ich vor einem Schild Route barée und nachdem ich das ein oder andere Mal trotzdem reingefahren bin, weiss ich, dass wenn die Franzosen sagen barée, dann ist da auch kein Durchkommen. Nichtmal mit der Enduro.

TKC 80 nach TourtagUnd die Reifen sind jetzt bis zum Rand eingeweit. 2014 war ich das erste Mal mit den Grobstollen mit der Hechlinger Seealpen-Tour auf der Strasse unterwegs. Die Tour ist sehr zu empfehlen, übrigens. Damals fragte ich den Tourguide, wie weit man die denn auf der Strasse fahren könne. Ehrlicherweise habe ich seine Antwort bis zum Rand natürlich akzeptiert, aber bei mir gedacht, dass müssen ja Irre sein, die die Maschine so fahren. Tja. Jetzt weiss ich dass man da nicht irre sein muss. Ein bisschen Kurventechnik und das geht ganz entspannt.