Klausen – Susten – Grimsel – Nufenen – Tremola – Gotthard
20. Juli 2020 – 440.4 km Zürich – Klausen – Susten – Grimsel – Nufenen-Tremola – Gotthard – Zürich
Am Wochenende war’s warm und schön. Deswegen hab ich mich gerade nicht getraut mich auf den Töff zu schwingen weil sicher andere auch noch auf die Idee gekommen waren, der Hitze in die Berge zu entfliehen.
Daher hab ich mich spontan für Montag entschieden, da sollte nicht viel los sein.
Die Strecke war mit etwa 500 km geplant und nachdem ich dieses Jahr noch nicht so wirklich viel gefahren bin, ahnte ich schon, dass das etwas anstrengend werden könnte. Glücklicherweise bin ich ansonsten mit Joggen, Kieser und Schwimmen ganz gut in Schuss, so dass ich mir das schon zutrauen konnte. Zugegebenermassen hab ich vor dem ersten und nach dem letzten Pass ein wenig Autobahn eingebaut, sonst wär’s nicht zu machen gewesen, die Landschaft auch noch zu geniessen.
Erste Station soll der Klausenpass sein. In der Anfahrt kommt es mir manchmal so vor, als führe ich durch eine Spielzeugeisenbahn-Landschaft. Zumindest kommt mir der Gedanke wenn ich die Schienen sehe, die sich durch eine fast schon kitschig schöne Landschaft ziehen.
Den Pass bin ich vor X Jahren das letzte Mal gefahren und hatte ihn war als ganz OK aber auch nicht als „den Brüller“ im Kopf. Aber diesmal fand ich ihn ausgesprochen gut zu fahren. Guter Mix aus allem nebst ein paar langweiligen Stücken. Aber insgesamt durchaus sehr schön fahrbar. Und die ein oder andere Kehre war ja auch dabei.
Danach Fehlentscheid bzw. Fehlprogrammierung. Als das Navi, was ich noch auf „schnellste Strecke“ stehen hatte, mich auf die Autobahn lotst, ist es schon zu spät. Die nächste Ausfahrt wird vom Urlaubsverkehr durch den Gotthard-Strassentunnel verstopft und ich stehe im Stau. Bei 30°C im Schatten – nur ohne Schatten. Zum Glück hatte ich meinen Trinkrucksack mit 3 Litern Inhalt dabei.
Das hatte ich mir anders vorgestellt. Zumal ich neben der Autobahn eine wunderbare Strasse sehe auf der nix los ist. Aber rüberhüpfen geht nicht. Zumindest sehe ich an der Route, dass diese Strasse für den Rückweg vorgesehen ist.
An der Ausfahrt zum Susten stockt es weil Polizei jeden Einzelnen prüft und scheinbar alle wieder auf die Autobahn zurück schickt, die nur den Stau umfahren wollen. Glücklicherweise sehe ich nicht so aus als würde ich den Stau nur umfahren wollen und ich werde nichtmal angehalten. Endlich wieder freie Fahrt. Und in der Tat: Ich hatte auch im weiteren Verlauf des Tages die Pässe fast für mich alleine. Hier und da ein Wohnmobil oder ein Langschaftsgeniesser aber das war’s.
Kürzlich sagte mir mal jemand, dass der Susten noch einer der lanschaftlich schönsten Pässe ist. Als ich ihn fahre erinnere ich mich wieder an den Spruch und er stimmt. Wunderbare Landschaft und ich werde auch zum Landschaftsgeniesser ?.
Die Passhöhe hat es auch in sich.
Kurz hinter dem Pass musste ich nochmal anhalten. Der Steingletscher, der unter sich in den Steinsee macht war einfach zu hübsch anzuschauen.
Allerdings bekommt man Depressionen, wenn man sich das Bild von derselben Stelle aus 2003 auf Wikipedia anschaut. Das ist heftig. Wir reden hier nicht von zig Jahren. Gerade mal 17 Jahre zwischen den Bildern und der Rückzug ist deutlich zu sehen.
Weiter zum Grimsel, der sich auch nicht lumpen lässt. So langsam komme ich wieder ins Kurvenfahren rein und fahre von Kurve zu Kurve entspannter. Erst am Stausee vorbei dessen Staumauer schon von unten mächtig imposant ist. Die Aussicht von oben ist allerdings noch imposanter.
An der Stelle an der das Foto entstanden ist, erfahre ich dann etwas über die aktuelle Baustelle dort. Da bauen die Schweizer „einfach mal so“ ne neue Staumauer vor die alte, die nach knapp 90 Jahren nun mal langsam am Ende ist. Hab einen wunderbaren Bericht im SRF gefunden, der das ganze Bauprojekt noch imposanter macht.
Oben am Pass angekommen gibt’s – wie kann’s auch anders sein – wieder mal nen See auf der Passhöhe. Wird ja gerne genommen. So ein See oben. In dem Fall der Totesee oder Totensee, der zum einen ein Stausee ist und zum anderen so heisst, weil dort scheinbar früher mal Soldaten reingetrieben worden sind, sagt Wikipedia. Und auch hier auf fast 2’220 Meter ist schön kühl und auszuhalten.
Weiter zum Nufenen. Auch wunderbar zu fahren. Zahlt sich aus, dass ich den Montag genommen habe. Toll leer. Und oben auf knapp 2’500 m ist’s mit nur 16°C sogar fast ein wenig frisch. Gerade richtig. Hier gibt es sogar noch den ein oder anderen Schneehaufen, der sich bis in den Juli hinein gerettet hat. Verständlich wenn man bedenkt, dass es im Flachland ja nicht jeden Tag 30°C sind.
So hoch bekommt man wirklich ein wenig das Gefühl, auf alles runter zu gucken. Wobei 2’500 m ja nicht wirklich hoch ist. Aber trotzdem.
Auf der anderen Seite gehts ins Tessin, wie man unschwer erkennen kann.
Dann weiter zur letzten Station, über die Tremola, der alten Kopfsteinpflasterstrasse, die über 24 Kehren von Airolo hoch zum Pass geht und ihren Namen mit Stolz und zu recht trägt. Aber deswegen fahr ich sie ja. Mag’s ja wenn der Untergrund was zu bieten hat. Die Strasse hat sogar eine eigene Website.
Ich bin ja mit meiner GS schon relativ gut gefedert und im Stehen macht einem so eine Strasse schon dreimal nichts. Immer wieder frage ich mich, wieso man sich so eine Strasse mit dem Velo antut. Und ich rede nicht von gut gefederten Mountain-Bikes. Ich rede von Renn-Velos mit 0.0 Federung. Davon habe ich mehr als eines gesehen und zwar rauf sowohl als runter. Autsch! Also mal ne ordentliche Dosis Respekt dafür.
Die Aussicht oben ist auch recht akzeptabel. Und hat der Pass hat natürlich den obligatorischem See, den „Lago della Piazza“.
Auf der anderen Seite gehts über die neue Gotthard-Strasse wieder runter da der Rest der Tremola wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Und dann eben nicht direkt auf die Autobahn sondern noch ein Stück auf der Strasse, auf die ich auf dem Hinweg schon ein Auge geworfen hat. Die lohnt sich und ist ein wunderbarer Abschluss. Trotzdem nehme ich dann die nächste Autobahnauffahrt da das Sitzen nach 7 Stunden reiner Fahrtzeit doch so langsam mühselig wird.
Auf dem Rückweg wieder was gelernt: In Uri ist der Sprit verhältnismässig teuer. Teils 17 Rappen teurer pro Liter als ich das am Vormittag im Kanton Glarus gesehen habe. Da musste ich aber noch nicht tanken. Zum Glück reichts bis Zürich wo ich an der Tankstelle Binz, in der Binzstrasse 1, 8045 Zürich noch günstiger als in Glarus tanke. Die Tanke ist mein Geheimtipp.
Um acht bin ich kaputt aber glücklich nach 440 km, 8 Stunden Fahrtzeit, 5 Pässen und jeder Menge toller Erlebnissen wieder daheim.