Motorrad-Reisen und -Touren

Tag 49 – Sauna

21. August – 161.9 km von Riga nach Valga

 

Heute morgen also versuche ich meine Länderübertritts-Checkliste mal wirklich angemessen zu berücksichtigen. Da das Internet für Hotels unglaubliche 7 MBit Up- und Downstream hat bemühe ich mich die Karten für St. Petersburg a) zu finden und b) aufs Navi zu laden. Ich scheitere schon bei a). Trotz Suchens in diversen Foren und intensiver Recherche finde ich nur Karten von Drittanbietern oder Garmin-Karten, die aber nichtmal mehr Garmin selbst anbietet. Roaming werde ich in Russland keins haben, Google Maps fällt also auch aus. Und wer rettet mich: Mein Scout Gratis-Navi aus dem AppStore mit gekauftem Kartenmaterial Europa für 4.99 €. So langsam wird mein iPhone zum Schweizer Tsachenmesser für Navigation.

Dann die Packerei wieder rückwärts. Erst Taschen zum Mopped ins Parkhaus bringen, dann nochmal mit dem restlichen Klimbim ein zweites Mal gehen. Auf dem Rückweg mache ich noch das Panorama vom Domplatz, was sich jetzt neu oben im Header mit dem von Hechlingen abwechselt. Dabei höre ich einen Cellospieler, der gleich am Dom seine Strassenmusik macht. Ins Hotel, restliche Sachen holen und dann mal dahin. Ich mag Cello und der spielt genau die Tonlage die mir sehr liegt. Als ich hinkomme, bimmeln die Glocken und der Cellospieler celliert grad nicht. Aber macht so den Eindruck, als würde er gleich wieder anfangen. Also warte ich.

IMG_4006Kommt so ein Auto-Tross vorbei aus dem fürchterlich wichtig aussehende Leute aussteigen. Ich denk mir noch: Wieder so wichtigtuerische Diplomaten. Wichtig aussehende Diplomaten die von einem in Galauniform ganz ehrfurchtsvoll begrüsst werden. Da mein Cellist grade Pause macht, Google ich so, wer denn wohl in Lettland einen Wagen fahren darf, der ausser dem EU-Kennzeichen nur ein Wappen auf dem Nummerschild hat. Wikipedia weiss ja fast alles. Da steht nämlich, dass das nur der lettische Präsident das darf. Da stapfte also Raimonds Vējonis ganz unspektaktulär mit ein paar Sicherheitsbeamten und dem Gardeuniformist durch die Touristen an mir vorbei zur Kirche um den Unabhängkeitstag zu begehen. Ich bin nicht obrigkeitsgläubig. Allerdings die Selbstverständlichkeit und mit so vergleichsweise wenig TamTam und Brimborium der da in die Kirche ging, das hat mich beeindruckt. Eigentlich sollte das immer so sein – wenn nur die ganzen Irren nicht wären.

Auf jeden Fall hab ich dem Cellisten dann grosszügig was in sein Sammel-Dingsda gegeben und mich erstmal in angemessenem Abstand vor ihn auf den Boden gesetzt und ein Viertelstündchen bei traumhaftem Wetter auf dem Domplatz in Riga ein kleines Cello-Privatkonzert genossen. So kann der Sonntag anfangen. Natürlich war ich dann viel später unterwegs, als ich eigentlich sein wollte. Aber der Aufenthalt in Riga war’s wert.

Aus Riga raus erstmal Stau. Es wird grosszügig gebaut und es geht nur einspurig durch. Dann 60 km lang, lange, grade, platte Landstrassen. Der Höhenmesser zeigt auch schonmal -10m an. Nach 60 km gehts rechts auf „ungepflasterte Strasse“, die eine kleine Schlaufe um die Landstrasse rum macht und mir damit die Fahrt versüsst.

P1040465In einer kurzen Pause mampfe ich mein Käsebrot und es kommt ab und an ein Auto. Einer, den ich vorher schonmal überholt hatte, dann er wieder mich weil ich wieder wo Fotos gemacht hatte und ich ihn dann wieder hat mich wieder eingeholt. Kommt langsam an mich rangefahren und sagt, er hätte mich eben schon auf der Landstrasse gesehen, ob alles in Ordnung wäre.

Ich freu mich dass es so viel Hilfsbereitschaft gibt. Als ich ihm erkläre, dass wirklich alles in Ordnung ist und ich nur die ungepflasterte Seitenstrasse für die Abwechslung und zur Pause nutze, macht er ein wenig ein Gesicht, als glaube er, dass ich nicht alle Tassen im Schrank hätte. So eine Strasse freiwillig zu fahren, wenn man nicht muss und es parallel eine schöne platte Landstrasse gibt? Wer weiss, vielleicht hat er recht? 😉

Gelandet bin ich heute direkt hinter der estnischen Grenze in einer privaten Pension. Es empfängt mich eine resolut aussehende ältere Dame und mir schwant schon Übles, was Englisch angeht. Hab auch recht gehabt. Bei Englisch schüttelt sie den Kopf und sagt dann auf deutsch: Deutsch könne sie aber. Ich bin ehrlicherweise etwas verdutzt. Aber freu mich einmal mehr. Sie führt mich durchs Haus und mit das erste was sie mir zeigt ist die Sauna. Eine richtige finnische Sauna, mit Holz befeuert. Das Land ist mir gleich sympatisch.

Sie fragt mich auch gleich, ob ich duschen möchte, oder in die Sauna gehen will. Ich entscheide natürlich für Sauna und sie meint dann lapidar: Na da könne ich mich ja auch in der Sauna waschen und sie bräuchte mir die Dusche nicht zu zeigen. Dazu muss man wissen, dass typische finnische Saunen tatsächlich gleichzeitig quasi das Badezimmer sind und sich in der Sauna gewaschen wird. Dazu befindet sich da meist eine Plastikschüssel, die mit kaltem Wasser gefüllt ist bzw. wird. Man mischt dann so viel von dem kochend heissen Wasser aus dem Saunaofen dazu, wie es einem passt. Dazu gibts eine Schöpfkelle, mit der man sich nass macht. Der Abfluss ist im Boden.

P1040472Folgerichtig zeigt sie mir auch wie man einen Aufguss macht. Punkt. Mehr muss man auch nicht erklären. Ich weiss, dass das tatsächlich die einzige wirkliche finnische Saunaregel ist: Man macht in einer fremden Sauna ohne entsprechende Instruktion keinen Aufguss auf eigene Faust. Man weiss ja schliesslich nicht um die Eigenheiten des Saunaofens. Ansonsten gibt es keine Regeln. Die 10 Saunaregeln die man in Deutschland hier und da zu lesen bekommt, sind keine finnische Erfindung. Ich tippe mal auf Deutsch. Hüva Leili!