Inari hat gar keinen Bahnhof
20.06.2009
423 Kilometer vom Nordkapp nach Inari
Heute morgen hat’s geregnet, es war – wie immer – windig und so um die 6 Grad. Na super. Fällt Knivskjellodden ins Wasser.
Warum steht eigentlich in keinem Reisebericht, dass es am Nordkapp so windig ist? Sonst hätt ich mir meine Snowboard-Mütze eingepackt, anstatt der Basebalkappe gegen die Sonne. Aaargh. Nun gut. Hat nicht sollen sein und so hab ich für’s nächste Mal ein Ziel das noch 1380 Meter weiter nördlich liegt, als das Nordkapp 😉
Hmm. Das Foto ist von einer Karte abfotografiert, die auf dem Weg war. Da heißt das „Knivsjelodden“. Die Norweger sollten wissen wie das heißt. Obwohl es überall sonst anders geschrieben wird. Macht nix. Ich weiß was gemeint ist.
Der Weg am Porsangerfjord vorbei ist auch bei Regen sehr schön. Lange nicht so schön wie auf dem Hinweg, aber dennoch unglaublich faszinierende Landschaft. Und ich bin dann froh, endlich wieder die ersten Pflanzen jenseits von Flechten und Moosen zu sehen. Zum Vergleich: Die gleiche Bucht wie von der Hinfahrt jetzt einmal in ‚mieses Wetter‘
Der Wind und der Regen ziehen mir die Wärme aus dem Körper und es ist gefühlte 0 Grad. Zum Glück konnte ich in der finnischen Tanke nicht wiederstehen und hab mir die Schneemobil-Handschuhe gekauft, die mir die Finger jetzt gut warm halten. Und im nächsten Winter werden sie mir bestimmt beim Boarden gute Dienste leisten 🙂
Mir kommen dann noch bestimmt 50 Läufer entgegen, die sich auf ca. 10 Kilometer auseinander gezogen haben. Sowas wie ein Fjord-Marathon? Teils sehen die ganz schön übel abgekämpft aus. Kann ich auch verstehen bei dem Wetter. Ganz kurz kommt mir wegen der ausgefallenen Wanderung das Wort ‚Weichei‘ in den Sinn, aber das verwerfe ich gleich wieder. Zum einen machen die sowas bestimmt öfters und sind geübt (hoffe ich ;)), und zum anderen haben die alle KM einen Verpflegungswagen stehen. Der fehlt natürlich am Kapp. Das wär’s überhaupt: Jeden Kilometer von oben nach unten ’ne Frittenbude mit warmem Gastraum. Dann hätt ich die Wanderung bestimmt gemacht 😀
Dann kommt der letzte, lange Tunnel. Der, der schon bei der Hinfahrt unangenehm wegen zu viel Kälte und zu wenig Licht aufgefallen war. Dafür regnet’s jetzt. IM Tunnel – zumindest auf den ersten paar hundert Metern. Auch von dieser Seite aus ist’s erstmal Dunkel. Ergänzt sich prima. Aber das holländische Wohnmobil vor mir spendet ausreichend Licht. Und – oh Wunder – ich finde den Tunnel gar nicht mehr kalt. So verschieben sich die Verhältnise.
Plötzlich macht es ‚wuuuuussch‘ und von Vorne kommt ein LKW, der sich ganz in norwegischer LKW-Manier so gar nicht an irgend eine Geschwindigkeitsbegrenzung hält. Die fahren hier wie die Irren. Merke: In Norwegen vor LKWs in Deckung gehen. Das hat der WoMo Fahrer glücklicherweise auch gemacht und fährt so weit rechts wie möglich. Wo genau der LKW-Fahrer auf seiner Spur war hab ich nicht gesehen, aber wenn zwischen dem WoMo und dem LKW noch ein halber Meter war, dann war das viel. Jetzt ist mir erst recht nicht mehr kalt!
Aber die Kälte hat auch Vorteile: Ich muss mir über die Kühlung der Lebensmittel keine Gedanken machen. Ich fahre ja quasi durch einen überdimensionalen Kühlschrank und die Koffer sind dicht.
Unterwegs halte ich ein paar Mal an um Fotos zu machen, wenn ich etwas Sehenswertes entdecke. Wie zum Beispiel diese Stockfisch-Ständertrockenanlage. Beim Absteigen merke ich, dass der Wind nachgelassen hat. Wie wohltuhend – nicht nur wegen des Windes. Vor allen Dingen auch wegen des Geruchs. Ich meine, so ein ganzer Ständer voller Fische riecht schon recht streng. Und da waren noch mehr Ständer drumherum.
Neben Motorradfahreren und Wohnmobilfahrern ist das Kapp auch bei Fahrradfahrern scheinbar sehr beliebt. Auf jeden Fall kommen mir davon auch noch jede Menge entgegen. Mich würde mal interessieren wo die so herkommen und ob die wirklich die ganze Strecke gefahren sind, oder sich wohin haben schippern lassen und dann von der Nähe aus gestartet sind. Wie auch immer: Mein Respekt steigt mit jedem den ich sehe.
In Nord-Norwegen scheinen Tankstellen nicht sehr viel anders als in Finnland zu sein. Nur das Sortiment geht hier weniger in Richtung Schneemobil. Liegt wohl an der sommerlichen Witterung, dass hier eher Schwimmwesten als Handschuhe verkauft werden. Eher so der Typ „Supermarkt mit angeschlossener Tanke“ wenn man erstmal drin ist. Von außen sieht’s aus wie ne ganz normale Tanke — mit einer Zapfsäule. Mist. Ich merke grade dass ich genau davon KEIN Foto gemacht hab …
Und dann endlich gegen Mittag: Der Regen hört auf. Der Wind legt sich. Wirklich. Wie im Sommer. Und bestimmt 13 Grad. Das Wasser lädt zum Baden ein. Aber das verkneif ich mir ;).
Und am Nachmittag geht’s dann wieder nach Karasjok, an dem wir auf der Hinfahrt schon vorbei gekommen sind. Danach allerdings nach Osten, Richtung finnische Grenze und Inari. Für die Fahrt habe ich heute ‚kürzeste Route‘ eingegeben, die mich in Finnland dann über den ein, oder anderen Feldweg bzw. Schottertrasse schickt. Das macht die graden langen Straßen ein wenig abwechslungsreicher und trainiert auch die Beherrschung der Maschine wenn der Schotter in der Kurve mal wieder da liegt wo er eigentlich nicht hingehört. Wobei mich wirklich wundert: Mittlerweile kommen mir 100 km/h schon irrsinnig schnell vor. Das mag an den Straßen liegen, aber ich glaub viel mehr ich hab mich mittlerweile an das durch die Landschaft gleiten gewöhnt. Ich werd noch zum Chopper-Fahrer 😉
Und wie ich so durch die Landschaft gleite, lacht mich von rechts aus dem Wald etwas an das wie ein Stopp-Schild von hinten aussieht. Also nix wie wieder mal Fotopause und nachgeschaut. Jupp. Eine Schneemobil-Trasse. „Varo tie“ heißt so viel wie „Achtung! Ein Weg!“. Aaah. Ja. Sieht schon sehr seltsam aus, jetzt im Sommer. Und wie gehabt, auf der anderen Seite führt sie gradewegs an den roten Kreuzen entlang in den See.
Apropos Inari: Auf die Idee bin ich gekommen, weil der Film „Die Zugvögel“ die Schauspieler hier her verschlägt. Wunderbarer Film mit Joachim Król. Aber als ich hier ankomme, gibt’s gar keinen Bahnhof. Hmmm.