Motorrad-Reisen und -Touren

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Tag 83 – Edinburgh

24. September – 272 km von Foyers nach Edinburgh

Ich stelle mal wieder fest, dass ich viel lieber draussen in der Natur bin als in Städten. Städte sind nützlich und praktisch. Da gibts alles was man braucht. Die Seele baumeln lassen, entspannen und geniessen, das geht für mich viel besser mitten im Nirgendwo. Das hat vielleicht was mit Alter zu tun. Oder damit dass ich zunehmend draussen bin mit Mopped und Snowboard. Ist auch eigentlich egal. Et es, wie et es.

Stadthäuser in EdinburghHäuserzeile in EdinburghEdinburgh erinnert mich ein wenig an Prag. Eigentlich ganz hübsch, aber unglaublich überlaufen. Und das, obwohl das Schloss heute scheinbar geschlossen war. Vielleicht auch grade deswegen, weil irgendwo müssen die Leute ja stattdessen hin. Und es ist Samstag.

Die Architektur erinnert tatsächlich an einen Harry Potter Film. Oder Harry Potter Filme haben sich hier Anregungen geholt.

Bausünde Bank of ScotlandBausünde in EdinburghAber es gibt auch unglaubliche Bausünden, da stehe ich davor, schüttele mit dem Kopf und mache ein Foto. Als ehemals Nahezu-Kölner sind mir solche Bausünden natürlich nicht fremd. Aber Köln hatte wenigstens einen Grund, die zerstörte Stadt nach dem Krieg wieder schnellstmöglich aufzubauen. Da kam es wohl nicht so sehr auf hübsch an. Eine Traditionsstadt wie Edinburg, die vom Krieg fast nichts abbekommen hat, so zu verschandeln, das erschreckt mich. Dem Betongerüst links muss man wohl zu Gute halten, dass es vermutlich als Stütze für die Häuser und als Provisorium gedacht ist. Aber das Provisorium hält wohl schon ne Weile und ist an Hässlichkeit nicht zu überbieten. Wenn es dafür einen Preis geben würde, dieses Gerüst hätte ihn verdient.

Aber es gibt auch schöne und unverschandelte Gebäude, wie die St. Giles‘ Cathedral.

St. Giles' CathedralIch musste natürlich auch in einen Pub, mal gucken. Und eins muss man den Schotten lassen: Die haben eine Whisky Karte in einem 08/15 Pub, da würden sich viele der Kneipen in anderen Städten die Finger nach lecken. Aber ist halt auch Schottland. Da gehört der Whisky einfach dazu. Ich habe ja gehört, dass ein Hot Toddy sogar Erkältungen wegmachen soll.

Whiskykarte im Pub

 

 

Tag 81 – Single Track Roads extrem

22. September – 112.1 km von Foyers nach Inverness und zurück

Kurze Rundtour heute nach Inverness. Auf wunderbaren kleinen Strassen durch die Highlands hin und am Loch Ness zurück.

ZweispurigIch dachte ja, ich hätte hier schon schmale Strassen gesehen. Aber es ging noch schmaler. Immerhin. Es waren zwei Spuren da. Eine für jede Spur am PKW. Heute gabs dann auch nur sehr wenige Passing Places für den Gegenverkehr. Nur gut, dass ich keinen Rückwärtsgang am Mopped hab.

Unterwegs am Loch Farr vorbei. Das hat sich bei Königswetter einfach so vors Mopped geworfen. Ich stelle fest, dass ich unfassbares Glück mit dem Wetter habe. Es gibt Leute, die wohnen hier schon eine Weile und haben Loch Farr, Ullapool und Knocken Crag noch nie ein einer einzigen Woche bei schönem Wetter gesehen. Es hat im Grunde genommen noch nicht geregnet, seit ich hier bin und es fängt wohl erst am Samstag bei der Abfahrt an. Mal sehen, ob ich das auch noch wegdiskutiert bekomme.

Angler auf Loch Farr Stilleben mit Baum am Loch Farr Loch Farr

Pickled EggsSlices LemonsIn Inverness in einen grossen Supermarkt. Ich könnt ja stundenlang da drin bleiben und mir die Produkte anschauen, die man in anderen Ländern so hat. Oder nicht hat. Hier gibts so ziemlich alles in Dosen. Aber keine Sauerkirschen. Vanillezucker wohl so gar nicht. Den muss man von Deutschland importieren.

Immerhin habe ich ein paar landestypische Dinge einkaufen können und hoffe, dass ich das alles mitbekomme.

Last but not least: Endlich ein paar Fotos vom Loch Ness. Trotz Meerzugang Süsswasser. Ich habs probiert.

Und ich kann nichts dafür. Das Gras ist so grün.

Schaafe am Loch Ness Loch Ness

 

 

 

Tag 79 – Ullapool

20. September – 286.9 km von Foyers nach Knockan Crag und zurück

So langsam geht das komische Gefühl weg, das ich vor nicht einsehbaren Linkskurven habe. Ganz manchmal denke ich in der Dämmerung noch Oje, da kommt mir einer entgegen und ich bin auf der falschen Spur. Aber auch das wird weniger.

InvernessInverness macht an manchen Stellen den Eindruck eines lebendig gewordenen Miss Marple Films. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn sie plötzlich aus einem der Häuschen rausgesprungen wäre.

Bei unseren Motorradtreffen habe ich die Engländer immer für Heizer gehalten. Aber jetzt weiss ich, dass die einfach nur normal fahren. Ist ja auch kein Wunder. Wer es gewohnt ist, auf einspurigen Strassen mit Gegenverkehr mit fast 100 km/h zu fahren, der langweilt sich bei einer gut ausgebauten Landstrasse. Ich habe übrigens gefragt: Wenn in Ortschaften die Geschwindigkeit nicht explizit runter geregelt ist,  dann gelten 60 mp/h, also 97 km/h. Ich finde das nicht ungefährlich. Nur um nochmal auf die Sache mit den Steckdosen im Badezimmer zurück zu kommen.

Die Hitzewelle hat mich heute voll erwischt. Ich schwitze mir bei über 18°C den Wolf und fange an, die Heatwaves zu begreifen, von denen die Leute hier reden, wenn es über 20°C werden. Komischwerweise fühlen sich hier 14 oder 18 Grad auch richtig warm an solange kein Wind geht.

Aber es ist genau das richtige Wetter um gefühlt zum Ende der Welt zu einem Geologiepark zu fahren um ein wenig über die Enstehungsgeschichte der Erde zu erfahren.

Ansonsten heute wieder Fototag. Gibt auch genug. Die meisten Bilder sind nicht weit voneinander entstanden. 20 – 30 km sind hier landschaftlich schon eine Weltreise. Die Farben sind übrigens wirklich so. Da war kein Photoshop im Spiel.

 

 

 

Tag 78 – Applecross

19. September – 350.4 km von Foyers nach Applecross und zurück

Passing PlaceGestern dachte ich ja zuerst, Schottland wäre ja ganz nett anzuschauen. Aber die Strassen seien nicht so der Hit. Aber da war ich auch noch nicht von den Hauptstrassen runter. Was hab ich mich getäuscht.

Nicht für AnfängerStrassen gibt es hier. Unfassbar toll. Grade die Schleife oben im Nordwesten auf der Karte gehört seit heute absolut zu meinen Lieblingsstrassen: Einspurig mit regelmässigen Passing Places an denen zwei Fahrzeuge nebeneinander passen. Bis auf über 500m Höhe in wenigen Kilometern mit spektakulären Aussichten. Die reinste Achterbahn mit Steigungen und Gefällen, die sich abwechseln. Es wird vor Hidden Dips und Blind Summits gewarnt. Nicht umsonst wird auch davor gewarnt,  dass die Strasse nicht für Anfänger geeignet sei. Aber bin ich ja glücklicherweise auch nicht.

Eigentlich finde ich es sackgefährlich, so eine Strasse in beide Richtungen befahrbar zu machen. Aber das ist wohl hier kein Problem.

Steckdosen im Badezimmer dagegen sind so gefährlich, dass sie verboten sind.

Summa summarum ein rundum gelungener Tag und ich sage meiner Gastgeberin an dieser Stelle ein dickes Dankeschön 🙂

 

[Edit, 20.9.216, km korrigiert]

 

Tag 77 – Highlands

18. September – 489.3 km von Newcastle nach Foyers

Der Linksverkehr ist erstmal sehr gewöhnungsbedürftig. Ich fühle mich ein wenig wie ein Fahranfänger und im allerersten Kreisverkehr erschrecke ich ganz ordentlich, als mir ein Fahrzeug aus der ‚falschen‘ Richtung entgegenkommt. Aber man gewöhnt sich schnell dran. Am erstaunlichsten fand ich, dass es nach ein paar Kilometern schon ganz von selbst und ohne Nachdenken an einer Kreuzung erst nach rechts, und dann erst nach links zu gucke. Nur an komplizierten Kreuzungssituationen bin ich zunächst noch etwas verloren. Aber auch das legt sich. Ebenso gewöhne nich ich wieder schnell an Geschwindigkeiten und Entfernungen, die in Miles (per hour) und Yards gemessen werden.

Schottische GrenzeDie Schottische Grenze ist tatsächlich eine Grenze und mir wird erstmal bewusst, dass das mit Grossbritannien, England, Schottland und Wales viel näher am Konstrukt der EU mit den einzelnen Ländern als an einem Land mit Bundesländern ist. Jetzt kann ich mich über den Brexit gleich noch mehr amüsieren.

In Schottland ist das Gras grünerIrgendwie ist das Gras in Schottland auch grüner, als das in England. Aber das mag natürlich täuschen. Liegt bestimmt nur am Licht.

Schottischer HofDie Schotten sind mir gleich sympathisch. In einer Kolonne hinter einem langsamen LKW passiert mir etwas, das habe ich noch nie erlebt: Autos in der Kolonne ziehen auf meiner Spur zur Seite, damit ich trotz des Gegenverkehrs überholen kann.

Und dann in die Highlands. Die Vegatation ist ein wenig wie am Nordkapp. Flechten und Gräser, wenig Bäume. Ab und an ein Hof. Viel Wind. Nur hügeliger ist es. Aber sehr, sehr hübsch anzuschauen. Ich mag das.

Highlands

[Edit 19.9.2016: Rechtschreibkorrekturen]

Tag 76 – Eine Seefahrt die ist lustig

17. September – 386 km von Berne nach Ijmuiden

Heute gehts per Fähre vom Festland Richtung Großbritannien und danach nach Schottland in die Highlands zum Loch Ness. Eigentlich wollte ich die Tour ja komplett auf dem Landweg machen. Aber da der Abstecher nach Schottland quasi ‚on top‘ ist (liegt ja auf dem Weg), kann ich das mit meinem Gewissen sehr gut vereinbaren, dafür nicht selbst zu fahren. Wäre ja auch schlecht möglich. UK ist halt doch eine Insel.

Damit es auch garantiert keine Chance gibt, dass ich die Fähre nach Newcastle verpasse, entscheide ich mich für Autobahn. Eine Stunde Reserve habe ist im Gepäck. Von daher war das Aufregendste heute der Stau, der mich trotz stauverkürzender Massnahmen fast 40 Minuten gekostet hat. Dazu die Umleitung in den Niederlanden, die mir weitere 10 Minuten Verzögerung verpasst. Aber es hat gereicht und ich bin just in time.

Lästig ist die Erkältung, die ich mir eingefangen habe. Hoffe mal, dass die bald wieder weg ist.

Princess SeawaysPrincess SeawaysDie Fähre hatte ich mit http://www.directferries.de/ gebucht. War ja ein wenig skeptisch, ob das so alles funktioniert, aber war TipTop. Einwandfrei und keine Probleme. Das Schiff ist um Klassen besser, als das, was ich letztes Jahr nach Sardinien hatte. Das fängt schon bei der Auffahrt auf die Fähre an und geht beim Einchecken weiter.

Abendessen hatte ich gleich mit gebucht. Weil ich eh nichts Besseres zu tun hatte, habe ich mich durchs Buffet gefuttert. So schlimm kann die Erkältung nicht sein. Essen hat super geschmeckt und war wesentlich besser, als ich erwartet hätte. Sogar richtig gut. Nur der Nachtisch, der kam aus der Retorte. Aber das hat dem Ganzen keinen Abbruch getan.

Der einzige kleine Wehrmutstropfen: Ich hab ‚den Säugling‘ in der Kabine nebenan. Und er macht sich lautstark bemerkbar, so dass ich jedes Quäken und Füssestrampeln durch die dünne Kabinenwand hören kann. Mal sehen, wie gut meine Ohrstöpsel sind und ob ich genügend Schlaf bekomme, um die Erkältung in Schach zu halten.

Dafür habe ich die Zweierkabine für mich alleine. Auch nett.

Tag 75 – Halbzeit

0 km mit dem Mopped, immer noch in Berne

Heute ist der Tag, an dem die Hälfte der Reise noch vor mir liegt. Bei all dem, was ich schon erlebt habe, kommt mir das unglaublich vor. Ein wenig Statistik:

  • Über 15’000 km
  • Fast zwei Sätze Reifen aufgebraucht
  • Unzählige Fast-Unfälle durch unvorsichtige Auto- und LKW-Fahrer
  • 1 mal Reifen platt
  • 1 Fast-Demolage des Moppeds durch Unwetter
  • 1 defektes Navi
  • 0 sonstige Defekte am Mopped
  • 1 mal Inspektion in der nördlichsten BMW Werkstatt der Welt
  • Temperaturen von 5 – 38 °C
  • Viele tolle Übernachtungsmöglichkeiten
  • Ein paar so richtig schlechte Übernachtungen
  • 1 neues Lieblingsrestaurant/Pension in Norwegen (link zu Trasti und Trine)
  • 1 neuen Lieblingscampingplatz in Litauen (Link zum Post)
  • 1 neue Lieblingsstelle zum ‚wild‘ Campen in Finnland
  • Keine schlechten Erfahrungen mit Kriminalität oder anderen Menschen, die mir Böses wollen
  • Nichts, was ich an Equipment vergessen hätte oder vermissen würde
  • 25 Grenzübertritte
  • 22 verschiedene Länder
  • Über 5’509 Fotos
  • Davon über 1’000, die ich mir als Favoriten für die Tour gemerkt habe
  • 1 Lieblingsfoto (Bild)
  • 344 GB GoPro Videos
  • Jede Menge Eindrücke, die mir mein Leben lang in Erinnerung bleiben werden
  • Wieder einmal die Erkenntnis, dass die Welt schön ist

Tag 74 – Entspannen im Arboretum

15. September – 0 km mit dem Mopped

Heute war Entspannen angesagt. Einfach mal nichts tun und Natur geniessen.

Bin seit 12 Jahren das erste Mal wieder im Arboretum Neuenkoop und nachhaltig beeindruckt. Hier wurde echt was auf die Beine gestellt und ich komme aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus.  Da kann man die Seele baumeln lassen und einfach nur geniessen.

Erstaunlich, wie viele exotische Pflanzen in Deutschland wachsen. Da sind einige dabei, von denen hätte ich im Leben nicht gedacht, dass sie die hiesigen Winter übestehen. Ist aber wie beim Snowboard-Unterricht: Geländewahl ist das A und O des Erfolgs.

Fun-Fact des Tages: Die Kastanie ist gar kein einheimischer Baum. Er wurde von den Eiszeiten hier ausgelöscht und erst nach 1492 wieder eingeführt. Wer hätte das gedacht?

Wer übrigens einen Job sucht: Hier wird Hilfe gebraucht. Einfach mal dort melden.