12. November – 0 km von in Barcelona Neben Ausschlafen war Stadtbummel angesagt. Einfach mal gucken.
Dabei fallen einem putzige Firmennamen ins Auge
Die Sagrada Familia darf natürlich auch nicht fehlen. Das ist schon ein beeindruckender Bau — und ja auch noch gar nicht fertig.
Danach zum Plaça de Catalunya zur Markthalle La Boqueria, in denen einem schon das Wasser im Munde zusammenlaufen kann
Dann zum Plaça Real, der mit seinen Palmen schon etwas sehr südeuropäisches hat.
Gegen Abend gings dann zum Hafen. Lag ja alles auf dem Weg.
Der Innenhof des Hotels hatte bei Abendbeleuchtung nach oben fotografiert schon fast was von einer optischen Täuschung
Ansonsten hatte mich irgend eine Infektion erwischt, die mich regelmässig zum stillen Örtchen hat sprinten lassen. Ging aber alles gut. Hab rechtzeitig jeweils eins gefunden.
11. November – 222.2 km von Peñíscola nach Barcelona
Der Tag war ebenso ereignisarm wie die vorherigen Tage. Die Möglichkeiten sind die gleichen: Autobahn, ‚Küsten’strasse oder aussen rum. Die Wahl fällt schweren Herzens wieder auf Autobahn. Aber was soll’s war viel und lang in Spanien unterwegs, da machen ein paar Tage Autobahn auch nichts. Das gute daran: Die Autobahn ist so gut wie leer und TipTop gepflegt. Bei den Preisen wundert mich das auch nicht. Die Spanier nehmen’s von den Lebendigen. So um die 13 Cent pro Kilometer. Das läppert sich dann doch.
Ich kann nichts dafür. Der Ort heisst wirklich so. Ich habe einfach nur wie üblich nach einer guten Unterkunft zu akzeptablem Preis in der Richtung, in die ich fahre gesucht. Aber mein heutiges Ziel hat zumindest bei einigen Freunden schon für Lacher gesorgt. Aber ich hab trotzdem einen Wein zum Abendessen genossen. Keine Cola.
Eigentlich dachte ich ja auch, mir einen gemütlichen Fahr-Tag machen zu wollen. Aber auf dem Weg nach Barcelona gab es drei Möglichkeiten:
Durch’s Hinterland mit 260 km und 3 Stunden mehr als direkt
Über die Autobahn
An der Küste entlang
Die erste Option fällt weg. 600 km in zwei Tagen ist recht stressfrei zu machen. Aber 260 km mehr scheint keine gute Idee für stressfrei. Ausserdem habe ich gestern gemerkt, dass es verdammt schnell verdammt kühl wird, sobald man von der Küste weg fährt. Kalt hab ich auf dem Mopped noch lang genug.
Die zweite Option klingt so gar nicht verlockend. Das hatte ich gestern erst.
Die dritte Option scheint das kleinste Übel. Auch wenn ich damit rechne, dass an der Küste natürlich alles zugebaut ist. Jeder will ja schliesslich an der Küste wohnen.
Das geht auch erstmal gut. Bis dann die vielen kleinen Dörfer anfangen. Zwischen den Dörfern hänge ich hinter LKW, an denen ich wegen Gegenverkehrs kaum vorbeikomme. Und in den Dörfern quält sich die ganze Schlange an den massig roten Ampeln vorbei.
Hinter LKWs herfahren ist aus mehreren Gründen keine meiner Lieblingsbeschäftigungen:
Man wird ganz schön durchgeschüttelt von der Windschleppe, die die Lastwagen hinter sich herziehen. Das gilt übrigens auch für PKW, die grade so modern sind (die, in denen man was höher sitzt)
Ich sehe nichts. Aber so gar nichts
Da wo eigentlich 90 oder 100 erlaubt wäre, komme ich trotzdem nicht so schnell vorwärts
Auch das Umschalten auf Spanischen-Roller-Simulationsmudus bringt nur kurz Linderung. Also entscheide ich mich schweren Herzens dann doch für Autobahn.
Und nun sitze ich hier auf dem Balkon meines Zimmers bei 16°C um 22:00 Uhr des 10. November, rauche die letzte der Abschiedszigarren aus dem Care-Paket meiner Ex-Kollegen (sehr lecker, Dankeschön! 🙂 ), höre dem Meer zu, der Halbmond scheint über mir und schreibe diesen Blog-Beitrag. Es gibt durchaus Schlimmeres.
Aber tatsächlich: Heute ist der erste Tag, ohne ein einziges Foto. Nur einen Screenshot vom Navi konnte ich grade noch rechtzeitig machen. Man sehe mir die 2 km/h Geschwindigkeitsübertretung nach.
Gestern als ich die Sache mit dem Gin geschrieben habe, dachte ich noch so, ob ich da nicht vielleicht ein wenig zu pingelig bin und hab noch ein wenig nachgedacht. Aber es würde ja auch keiner auf die Idee kommen (hoffe ich zumindest), Kristallweizen und Kölsch zu mischen weil’s gleich aussieht und Bier ist.
Bestätigt wurde ich dann auch noch beim Auschecken. Gefragt ob alles in Ordnung gewesen sei bin ich sehr zufrieden — bis auf die Leistung des Barkeepers. Als ich meine Gin-Story erzähle, ernte ich erstmal die Bitte, das nochmal zu erzählen. Und dann ein ungläubiges Gesicht mitsamt dem Kommentar: Geht ja gar nicht. Man mischt ja auch nicht Rum und Whiskey. Wir lachen beide herzlich bei dem Vergleich und der Tag fängt gut an.
Durch den reifenwechselbedingten Zwangs-Stopp in Portugal fehlen mir jetzt ein paar Tage. Daher war heute Autobahn-Tag. Bis auf ein kurzes Stück, zumindest. Das hatte es aber in sich. Schöne Kurven (warum vertippe ich mich bei Schöne und die Autokorrektur macht Schnee daraus? 🙂 ) in denen ich Vertrauen in die neuen Reifen bekomme.
Dann noch ein traumhaftes Bergdorf namens Ojén im Hinterland der Costa del Sol
und Ufo Sichtungen in der gleichen Gegend.
Oh. Und Donald Trump wird Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Aber letzteres ist ja kalter Kaffee. Das haben die Simpsons ja schon im Jahr 2000 vorhergesagt.
P.S.: Die Ufo-Sichtungen sind natürlich von mir frei erfunden. Die Bilder der Wolkenformationen sind allerdings echt. Für den Rest garantiere ich nicht und hoffe, dass ich gleich aus dem schlechten Traum aufwache.
8. November – 194 km von Jerez de la Frontera nach Gibraltar
Die ganze Tour stand in gewisser Weise unter dem Motto Vom Nordkapp nach Gibraltar. So. Jetzt bin ich hier. Nach über 23’000 km und 128 Tagen: Ziel erreicht. Jetzt kann’s heim gehen in die Schweiz. Natürlich nicht direkt, sondern über Los, sprich Barcelona, Pigna und Sardinien. Der direkte Weg ist ja langweilig.
Und dass ich ausgerechnet an Tag 128 hier bin, war keineswegs geplant. Das hat sich so ergeben. Ich würde ja nicht behaupten, dass das Zufall sei. Weil ich an Zufälle nicht wirklich glaube.
Heute auf dem Weg durch diesen Teil Andalusiens scheint mir, dass das ein extrem armer Landstrich ist. Ausser Strasse und Windrädern ist da quasi nichts. Gehöfte, die mal da waren, sind verfallen und verlassen. Ich hab das mal bei Wikipedia nachgeschlagen und im ersten Quartal 2013 lag die Arbeitslosigkeit bie 36.8%. Ich unke jetzt mal, dass sich daran nicht viel geändert hat und finde es ganz krass, dass man das beim Durchfahren schon bemerken kann.
Putzige Schilder haben die hier aber. Dafür, dass kein Verkehr ist, ein ganz schön grosses Warnschild. Mir ist nur nicht klar, wovor das Schild warnen soll. Vor Autos, die plötzlich und ohne jeden Grund abbremsen? Das würde mir noch einleuchten. Vor Kurven (das hatten wir schon ein paar Mal in anderen Ländern) machen das die Spanier nämlich mal gerne.
Erste Station des Tages: Tarifa. Der südlichste Punkt von Festlandeuropa, zumindest war das der Plan. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich auf dieser Tour schon vor gesperrten Strassen gestanden habe. Aber das ausgerechnet das eigentliche Ziel der Reise durch eine Strassenbaustelle unerreichbar ist, das wurmt mich doch im ersten Moment.
Das Schild, dass da nach links zeigt, ist ein Fake. Da ging’s ins Hafengelände und von da aus auch nicht mehr weiter. Ich habe geguckt. Rien ne va plus.
Dafür habe ich ein wenig weiter einen Schotterweg gefunden. Mit Zugang zum Wasser und menschenseelenleer. Genau das Richtige, um diesen Moment zu geniessen.
Die Berge im Hintergrund ist schon Afrika. Sieht man auch nicht alle Tage.
Weiter ging’s nach Gibraltar. Ich hatte mir vorher keine Gedanken drüber gemacht. Aber als der Herr an der Grenze mich in feinstem British English nach meinem Pass fragt, frage ich mich, auf welcher Strassenseite ich denn nach der Grenze fahren muss. Glücklicherweise fahren die Rollerfahrer in Gibraltar genau so kamikazemässig wie die in Spanien und ich hänge mich an einen ran. Damit beantwortet sich dann auch die Frage: Auf der rechten Seite.
Gibraltar gehört zu den britischen Überseegebieten und ist ein eigenständiges Land. Naturgemäss also stark mit Grossbritannien verbändelt. Dazu komme ich gleich noch.
Zur Feier des Tages hab ich mir mal ein Hotel mit Meerblick und Balkon geleistet. Vom Bett aus seh ich Afrika. Wer kann das schon sagen? 🙂
Natürlich ist die Küche hier britisch geprägt und ich kann nicht anders, ich muss mir Fish & Chips bestellen. Die zweiten in viereinhalb Monaten, von daher vertretbar. Und sogar sehr gut.
Ausserdem war mir nach Gin & Tonic weil ich an der Bar gesehen hatte, dass die Hendrick’s haben. Da wir uns ja nun in einem britischen Überseegebiet befinden und Queen Mum mit Gin & Tonic über 100 Jahre alt geworden ist, möchte man denken, dass die Briten und deren Anhängsel sich mit Gin & Tonic auskennen. Möchte man. Die Geschichte ist so tragisch, die ist schon wieder lustig und muss ich einfach zum Besten geben.
Ich: Könnte ich einen Gin & Tonic mit Hendrick’s bekommen, bitte?
Barkeeper: Nickt, holt Glas, wirft Zitrone rein und Eis. Ich sehe, dass sie Gurken da liegen haben aber sage erstmal nichts. Dann zückt er die Tanqueray Flasche.
Ich: Mit Hendrick’s bitte.
Barkeeper: Stellt etwas wiederwillig die grüne Flasche weg und holt die braune. Versucht den Gin in das Glas zu geben. Es kommt nichts. Er zieht die Dosierkappe ab und kippt den Rest der Flasche in das Glas. Es reicht aber nicht ganz.
Britisches Paar neben mir: This might be dead.
Ich: Nicke. Lächle sie an. This one is pretty dead.
Barkeeper: Fängt hektisch an, nach einer neuen Flasche zu suchen. Auch Konsultation seiner Kollegen gibt kein klares Ergebnis. Die Brocken spanisch, die sie sich zuwerfen lassen mich schliessen, dass es irgendwo im Keller oder im Vorratsraum noch eine Flasche geben muss. Der Barkeeper beschliesst aber, dass es keine gibt, zückt wieder die Tanqueray Flasche und schraubt sie auf.
Ich: Ahne, was er vor hat. Please don’t mix that
Barkeeper: Ignoriert meine Bitte, sagt so etwas wie Gin ist Gin und kippt den Tanqueray auf den Hendrick’s.
Ich: Werfe einen hilflosen und ungläubigen Blick zu den beiden Briten
Britisches Paar: Gucken genau so hilflos, ungläubig, sichtlich amüsiert mit einem mitleidsvollen Blick zurück
Ich: You cannot mix that
Barkeeper: Merkt wohl, dass er zu weit gegangen ist. Fragt mich ob ich einen Tanqueray will, stattdessen.
Ich: Hatte mich zwar auf den Hendrick’s gefreut, aber sei’s drum. Mag den anderen ja auch gerne und ergebe mich in mein Schicksal.
Barkeeper: Stellt ein neues Glas hin. Zitrone, Eis, Tanquaray und macht einen ‚fertig‘ Eindruck.
Ich: Gebe ihm die Anstandssekunden, warte, ob noch was passiert und bitte ihn dann, dass er doch bitte auch noch Tonic zum Gin & Tonic dazu tut.
Dann endlich habe ich mein Getränk, kann zahlen und die Briten und ich werfen uns amüsierte Blicke zu, als ich an den beiden vorbeigehe.
Aber sei’s drum. Toller Tag, tolle Tour und ich möchte nichts davon missen!
7. November – 114.7 km von Sevilla nach Jerez de la Frontera
Da der Reifenwechsel erst für den Nachmittag angesagt war, habe ich mir Ausschlafen und Stadtrundgang verordnet.
Vor dem Stadtrundgang ist aber einmal noch Wundern angesagt. Über die Netzwerkdose im Badezimmer. Selbst wenn das eine Telefondose hätte sein sollen, hätte ich mich gewundert. Warum installiert man dort so etwas für teuer Geld?
Auf dem Weg durch die Stadt komme ich an einer Markthalle vorbei und muss einfach rein. Der Biergarden hatte zwar noch zu, aber die Atmosphäre ansonsten war einfach klasse.
Weiter durch die Stadt fällt mir schwer, zu beschreiben wie das auf mich wirkt. Einfach anders. Vielleicht liegt das auch daran, dass es 20°C in der Sonne ist und ich unter Palmen spaziere, während in der Schweiz der erste Schnee fällt. Ich bin sogar froh, dass es nicht noch wärmer ist. Sonst hätte ich ziemlich zu kämpfen gehabt in der Kombi.
Auch hier gibt’s Pferdekarren. Und zwar reichlich. Allerdings wohl eher weniger als alltägliches Transportmittel sondern eher als feudalen Weg, sich durch die Stadt kutschieren zu lassen. Aber — Ordnung muss sein — ebenfalls mit Kennzeichen.
Als Ziel für die paar Stunden entscheide ich mich für den Plaza d’España, der ist zum einen in guter fussläufiger Entfernung, zum anderen scheinbar auch lohnenswert, was die Optik angeht. Gebaut und gestaltet zur iberoamerikanischen Ausstellung 1929 und umgeben von einem üppigen Park. Und der Weg war nicht vergebens.
Dann ab zum Reifenwechsel. Der läuft dank Übersetzungshilfe von Rodamoto reibungslos über die Bühne und jetzt bin ich mal gespannt, wie sich die für mich neuen Heidenau K60 Scout fahren, wenn sie mal eingefahren sind.
Und dann kommt heute Abend auch noch die Nachricht von der tro.net GmbH, meinem Provider, dass der durch den Blog mittlerweile knapp gewordene Webspace unkompliziert aufgestockt wird. Dann ist erstmal wieder Ruhe im Karton und ich kann weiter schreiben ohne auf den Platz gucken zu müssen 🙂
Streckenmässig hat’s dann nicht mehr ganz für den südlichsten Punkt Festlandeuropas nach Tarifa gereicht. Das mache ich dann eben morgen. Ist ja jetzt wirklich auf dem Weg.
6. November – 431.7 km von Ponte de Sor nach Sevilla
Motto des Tages: Auf schnellstem Wege, aber nicht über Autobahn und nicht über Los zum Reifenwechsel nach Sevilla. Reifenwechsel ist morgen Nachmittag und so hab ich Vormittags noch Zeit, mir ein wenig die Stadt anzuschauen.
Auf dem Weg komme ich sowohl in Portugal, als auch in Spanien an diversen, für mich sehr nach Protz und Southfork Ranch aussehenden ‚Einfahrten‘ vorbei
Ich blicke zuerst nicht, was das soll. So einen wirklichen Zweck (ausser protzen und schick ausschauen) scheinen die Dinger nicht zu haben. Später komme ich dann dahinter, als ich an einem vorbei fahre, das scheinbar einsam, verlassen und ohne Haus am Rand eines Olivenhains steht. Von der Strasse aus kann man tatsächlich nichts sehen und ich vermute, dass sich diese Einfahrten mal entwickelt haben, damit man überhaupt die Einfahrt zum Haus findet falls das Haus sehr weit ins Gelände gebaut ist.
Ansonsten gibts in Portugal massig von der Strasse aus sichtbare und weggehende nicht gepflasterte Wege. Mich juckt es schon sehr, mal zu gucken wo die hin gehen. Zugunsten von Strecke und Reifenwechsel verzichte ich aber auf Experimente.
Später in Spanien mal wieder: Rien ne va plus. Dumm nur, dass hier die die Verbindungsstrasse zwischen meinem Standort und der Strasse nach Sevilla gesperrt ist. Ich überlege kurz und entscheide mich dann, dass ich ja zu einer der Fincas will, die da an der Strasse stehen. Nützt aber auch nichts. Nach ein paar Kilometern faucht und raucht die Strasse vom neuen Teerbelag und ich möchte nicht derjenige sein, der vor allen Arbeitern die ersten Spuren in den noch heissen Teer zieht. Also mal wieder grossräumige Umfahrung angesagt. Dieses Wort könnte das Motto für die ganze Tour sein. Die Schweiz habe ich in gewissem Sinne ja auch grossräumig umfahren.
5. November – Mopped steht immer noch im Hof der Pension in Ponte de Sor
Na immerhin habe ich den zerdetschten Koffer wieder soweit grade gebogen, dass ich ihn einigermassen wieder zu bekomme. Dicht ist der bestimmt nicht mehr. Aber egal. Das ist jetzt halt so. Ich hab geändert, was ich ändern kann, lasse, was ich nicht mehr ändern kann und bin weise genug, das eine vom anderen zu unterscheiden. Frei nach dem Gelassenheitsgebet.
Im Übrigen war heute digitaler Hausputz angesagt. Mal viele Dinge gemacht, für die sonst die Zeit einfach zu schade ist.
Ausserdem das Video vom 25.10. mal geschnitten. Das stand auch schon länger auf meiner Liste. Naja. Seit dem 25.10. halt 😉
Und wieder um eine Erfahrung reicher. Für die Portugiesen scheint der Koriander wie für die Litauer der Kümmel. Er ist einfach überall drin. Beides, um das mal vorsichtig auszudrücken, eher nicht so meine Favoriten. Aber heute hatte ich was, da schmeckte der Koriander sogar. Ich hab’s aufgegessen bis zum Schluss. Eine Art Semmelknödel, aber länglich mit viel Koriander. Das passte gut zusammen und zeigt mal wieder: Probieren geht über Studieren.
DAS hatte ich nicht gebucht. Nachdem ich jetzt über einen Monat von Regen jeglicher Art verschont geblieben bin und ja gen Süden fahre, wo es weniger regnet, habe ich aufgehört, die Wettervorhersage genauer anzuschauen. Auch wegen der Temperaturen nicht. Wird ja eh immer wärmer. Oder so.
Tja. So kann man sich täuschen. Als ich das Fenster aufmache regnet es. Und zwar so richtig. Das fiele in der Schweiz schon unter sehr starker Schauer. Nur sind wir hier nicht in der Schweiz sondern in Portugal, genauer gesagt Ponte de Sor. Und scheinbar hat Schauer hier eine andere Bedeutung als bei uns. Hier bedeutet das: Es regnet auch mal ne Stunde nicht.
Normalerweise fände ich Regen bei 20°C nicht so schlimm. Wird die Kombi auch mal wieder sauber.
Nachdem ich jetzt aber eine Woche lang versucht habe, neue Reifen zu bekommen, sind sie jetzt so runter, dass fahren auf den glitschigen Strassen ein Kamikaze-Unternehmen wäre. Plötzlich bekommen neue Reifen eine noch höhere Prio als eh schon. Weil: Ich stecke fest. Morgen soll es nochmal so werden. Ab Sonntag ist dann wieder trocken. Ich hätte ja mit Vielem gerechnet, aber nicht dass ich Südeuropa wegen Regens feststecke. Das klingt genau so idiotisch wie es ist.
Auch meine Gastgeber, von der Casa da Fonte, die sich wirklich ins Zeug gelegt haben, konnten nichts erreichen. Frühester Termin hier im Ort wäre Montag gewesen, womit ich dann nicht nur das Wochenende sondern auch wahrscheinlich den Montag hier wäre. Es ginge also dann erst Dienstag weiter und das für Tarifa, Gibraltar und dann nach Barcelona bis Freitag. Das ist dann doch ein wenig sehr viel Strecke für wenige Tage.
Aber es gibt auch gute Nachrichten. Wenn man jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt, dann geht vieles. Lange Rede, kurzer Sinn: Über die Bündner bin ich über Reifenwerk Heidenau an deren Spanien-Distributor Rodamoto gelangt. Und die haben das Unmögliche möglich gemacht: Ich habe am Montag einen Termin in Sevilla. Dahin komme ich bei trockenem Wetter grade noch so. So bekomme ich dann auch mal einen Heidenau K60 Scout auf die Felgen. Den wollte ich eh schon lange mal probieren. Und ich finde das den Hammer in Sachen Kundenservice. Ich meine, wo geht man über den Reifenhersteller, um eine Garage zu finden, die einem die Reifen wechseln kann. Normalerweise ist der Weg andersrum. Von daher bin ich mir nicht zu schade, hier die Werbetrommel für Heidenau zu rühren. Ganz, ganz grosses Lob!
Das Lob geht ebenso an alle anderen, die mitgeholfen haben. So viel Unterstützung und Hilfsbereitschaft von Menschen die ich vor einer Woche noch nichtmal gekannt habe finde ich einfach unglaublich toll.
Die Gelegenheit habe ich dann heute mal genutzt, um Fotos zu sichten und sortieren, Lesezeichen auszumisten und sonstige Dinge zu tun, die man mal tun müsste, aber dafür normalerweise die Zeit zu schade ist. Und bin in einer Regenpause durch Ponte de Sor gelaufen. So als Mittel-Nordeuropäer finde ich das nach wie vor sehr erstaunlich, dass hier Zitronen, Apfelsinen und Oliven in Vorgärten wachsen wie bei uns andere Ziergewächse. Natürlich ist mir klar, dass die hier wachsen, aber verblüfft bin ich trotzdem.
Die Regenpause hält genau so lange, bis ich aus dem Supermarkt komme. Dabei entdecke ich eine weitere Selbstverständlichkeit, die man erst wahrnimmt, wenn sie fehlt: Regenrinnen. Offensichtlich gibt es hier so wenig Regen, dass man es nicht für notwendig erachtet, Regenrinnen an die Dächer zu montieren. Die Folge: Der Regen läuft das Dach runter und fällt dahin wo er dann halt hinfällt. Und das ist passenderweise genau dahin, wo man lang läuft, wenn man zu Fuss geht. Es dauert also nicht lange und ich bin pitschnass. Warmer Regen zwar, aber nass ist nass.
Dafür habe ich dann heute Abend nochmal die Gelegenheit, portugiesische Leckereien im Restaurant nebenan zu probieren. Gestern war’s schon nicht schlecht. Spannend dürfte die Speisenauswahl werden. Google Translate hat nämlich zumindest bei französischen und portugiesischen Speisekarten eine unterirdische Übersetzungsquote. Und hier ist die Speisekarte handgeschrieben. Das wird Essen nach dem Motto: Ich hätte gerne das was die da haben. Weil die übersetzbaren Speisen hatte ich gestern schon 😉
3. November – 341.7 km von El Barco de Ávila nach Ponte de Sor
Abgesehen davon, dass ich heute morgen erst spät losgekommen bin, treibt mich das weiter schwindende Profil meiner Reifen in Richtung nächster Reifenwechsel. Ausserdem habe ich jetzt nur noch knapp ne Woche für den Rest der Iberischen Halbinsel. Daher gabs den Sprung über die Grenze nach Portugal.
Man merkt eindeutig, dass hier Süden ist. Das Thermometer sinkt kaum noch unter 15°C, meist so um die 20. Sogar wenn die Sonne schon untergegangen ist. Die Wegebegleitgrün-Kakteen werden immer häufiger, grosse Dattelpalmen und Orangen mit Früchten säumen die Strassen. Und die ersten Olivenhaine tauchen auf.
Mit der Pension hatte ich mal wieder Glück. Scheinbar kann man bei booking.com blind buchen, was eine Bewertung über 9 hat. Die Gastgeber sprechen sogar englisch und haben mir zwei Adressen in der Nähe gegeben, wo ich ggfs. neue Reifen herbekommen kann. Mal sehen, ob das morgen noch klappt. Meine bisherigen Versuche in Spanien an neue Reifen zu kommen sind seit einer Woche kläglich gescheitert weil meine englischen Mails, vermutlich wegen Sprachproblemen, unbeantwortet blieben. Anrufen bringt unter diesen Umständen auch rein gar nichts. Da ich ja nun naturgemäss unterwegs bin, ist das Finden der richtigen Werkstatt an dem Ort, an de ich übermorgen sein werde, ein bewegliches Ziel. Und das geht halt nur per Mail oder Telefon. Immerhin haben ich jetzt dank den Bündnern die Kontaktdaten von Heidenau Spanien, die englisch sprechen. Nur leider einen Tag zu spät.
Eigentlich soll’s dann morgen zur letzten Bratwurst vor Amerika gehen, zum westlichsten Punkt von Festlandeuropa, Cabo da Roca. Die haben allerdings (was für ein miserables Timing), morgen den letzten Tag der Saison 2016. Na wenn sich das mal nicht mit meinen Reifen beisst. Egal. Ich fahr trotzdem hin. Norden und Westen hätte ich dann schon in der Tasche.
Spannend fand ich auch, mal Portugiesisch zu hören. Bisher dachte ich fälschlicherweise, dass Portugiesisch und Spanisch nah beieinander lägen. Weit gefehlt. Vom Klang her zumindest erinnert mich Portugiesisch eher an eine slawische Sprache. Zumindest hatte ich den Eindruck vom laufenden Fernseher im Restaurant heute Abend. Ob das natürlich Portugiesisch war, kann ich nicht beurteilen. Hab ja kein Wort verstanden. Aber es ging zumindest um einheimische Themen.