Das Wetter entpuppt sich hier unten als durchaus erträglich. Sonnig, manchmal windig aber warm, über 20°C. So langsam scheine ich dem Herbst ein Schnippchen zu schlagen. Das Wetter lädt zum Bummeln an der Garonne ein und die Wärme tut gut.
Die Preise hier stehen im Übrigen denen in Zürich nichts nach. Da fühlt man sich schon fast wie daheim 😉
20. Oktober – 348.8 km von Egliseneuve d’Entraigues nach Toulouse
Das Hotel gestern war wieder eine sehr angenehme Überraschung. Kurzfristig eine Stunde vorher gebucht, wie die meisten Tage. Weiss ja nie so recht wo ich wann bin bzw. weiss es dann, wenn ich da bin. War mitten im Regionalen Naturpark Volcans d’Auvergne, liebevoll eingerichtet, sehr gutes Essen und Wein natürlich. Frankreich, das merkt man im Supermarkt schon, ist ein Weinland. Habe selten in einem normalen Supermarkt so eine grosse Weinauswahl gesehen.
Projekt Herbstflucht ist aber noch nicht abgeschlossen. Der Herbst bleibt zwar hinter mir her, aber so richtig abgehängt habe ich ihn noch nicht.
Morgens bin ich auf 1’000 m bei 5°C losgefahren, das hätte sich kühl anfühlen sollen, war es aber seltsamerweise nicht. Danach gings hoch bis auf 1’600 m. Unterwegs fängt meine Dicke ab 2°C hektisch an zu blinken und warnt mich vor der Temperatur. Als hätte ich nicht selbst gemerkt, dass es kühler wird. Oben auf dem Col du Pas de Peyrol angekommen, habe ich den Beweis, dass es wirklich kalt ist. Sieht hübsch aus. Aber auf der Strasse muss ich das nicht haben.
Danach gehts aber wieder runter bis ich auf 300m moppelige 14°C habe. Direkt nach dem Col taucht ein grossartiges herbstliches Bergpanorama auf und ich kann nicht anders, als nochmal Pause zu machen.
Die weitere Strecke geht bis 50 km vor Toulouse durch schmale Ministrassen die mich einmal mehr begeistern. Diese Gegend Frankreichs rutscht auf meine Liste der Lieblingsstrecken jetzt recht weit hoch. Nachteil der Sache: Sowohl das Navi als auch mein Gefühl täuschen sich gewaltig, wie viel mehr Zeit man braucht, um darauf zu fahren.
Interessante Erkenntnis: Jedesmal wenn ich von der Route abweiche und das Navi neu rechnet, findet es neue kurvenreiche Strecken und die Fahrt wird immer länger. Aber der Spass ist es wert. Trotzdem wird irgendwann auf schnellste Strecke umgestellt. Irgendwann will ich ja auch ankommen.
Es wird übrigens auch in Frankreich gebaut wie blöde. Mehr als einmal stehe ich vor einem Schild Route barée und nachdem ich das ein oder andere Mal trotzdem reingefahren bin, weiss ich, dass wenn die Franzosen sagen barée, dann ist da auch kein Durchkommen. Nichtmal mit der Enduro.
Und die Reifen sind jetzt bis zum Rand eingeweit. 2014 war ich das erste Mal mit den Grobstollen mit der Hechlinger Seealpen-Tour auf der Strasse unterwegs. Die Tour ist sehr zu empfehlen, übrigens. Damals fragte ich den Tourguide, wie weit man die denn auf der Strasse fahren könne. Ehrlicherweise habe ich seine Antwort bis zum Rand natürlich akzeptiert, aber bei mir gedacht, dass müssen ja Irre sein, die die Maschine so fahren. Tja. Jetzt weiss ich dass man da nicht irre sein muss. Ein bisschen Kurventechnik und das geht ganz entspannt.
19. Oktober – 192.9 km von Lapalisse nach Egliseneuve d’Entraigues
Dafür, dass es gestern Abend so ein Hickhack mit der Buchung gab (das Hotel konnte meine Buchung bei booking.com nicht finden), kommt heute morgen die ‚Quittung‘. Das Abendessen und der Wein waren plötzlich inklusive und kosteten nichts extra. Das nenn ich Service!
Aber aus dem bis in den Abend fahren wurde mangels Sonne nichts. Die Sonne liess sich auch nicht blicken, je weiter ich nach Süden kam. Zwischendurch schielte sie zwar mal durch die Wolken, aber dachte sich dann wohl: ‚Bäh. Heute nicht‘. Und so bleibt es weiter wolkig bei zunächst nicht ganz so üblen 11-12°C.
Trotzdem laufen mir ein paar richtig schön gefärbte Bäume über den Weg und müssen per Kamera eingefangen werden. Eine Burg ist auch dabei. Im Hintergrund kann man die Kette von Vulkanen erkennen.
Dummerweise haben die Berge das so an sich, dass es hoch geht. Hoch bedeutet aber auch frisch. Frisch heisst, auf 1’100 m waren es dann mal grade noch 6°C. Und viel wärmer wurde es nicht. Ich wollte ja unbedingt Vulkane anschauen. Aber aus Vulkanen wurde nichts.
Vulcania wäre was gewesen, ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass man dafür schonmal einen halben Tag einrechnen sollte. Also wieder ab und zu einem echten erloschenen Vulkan, zum Puy de Dôme. Das ist der, der auf der Volvic Flasche drauf ist. Den gibts wirklich und Volvic ist eine Stadt hier in der Gegend. Da mir Volvic neben Evian am besten schmeckt, schien das eine gute Wahl. Aber leider war die Strasse dort hoch gesperrt und man kommt nur mit der Zahnradbahn rauf.
Da die Wetterlage eher mässig und daher die Sicht ebenso mässig war, das Ding halb in den Wolken hing und die Bahn nur im Halbstundentakt geht, begnüge ich mit einem Blick von unten und beschliesse, den Rest des Tags noch ein paar Strassen in der Auvergne zu geniessen. Fahrerisch war’s so noch ein richtig toller Tag. Die Auvergne bekommt auf meiner virtuellen Lieblingsliste ein paar Extra-Punkte.
Unterwegs merke ich, wie sich die Bremsen ein wenig komisch anhören und mir schwant Übles. Aber die Bremsbeläge sind gut und können bis zur nächsten Inspektion in 1’000 km warten. Dann müssen sie aber runter.
Abends suche ich mir kurzfristig ein Hotel und werde mal wieder angenehm überrascht. Recht günstig und da es ausserhalb der Saison genau das Menü gibt, erspart es mir die Qual der Wahl. Ausser bei der vierseitigen Weinkarte. Ich entscheide mich wieder für einen lokalen Wein. Sowohl das Essen, als auch der Wein munden vorzüglich und es ergibt sich sogar noch ein nettes Gespräch mit den anderen beiden Gästen. Und sogar das Internet ist richtig schnell.
Alles in allem wieder ein schöner Frankreich-Tag. Ich könnt mich dran gewöhnen 🙂
18. Oktober – 365.1 km von Romilly Sur Seine nach Lapalisse
Heute Morgen erstmal Navi Richtung Zentralmassiv eingestellt und geschaut, was der Tag so bringt. Viel hatte ich nicht erwartet weil die Geländeansicht der Karte sagt, dass es wohl recht flach sei in Mittelfrankreich. Deswegen will ich ja zum Zentralmassiv. Aber weit gefehlt. Heute war sicherlich einer der Tage mit den meisten fahrerischen und optischen Highlights am Stück.
Ein grosses Lob an die Programmierer, die den Algorithmus für das Finden von kurvenreichen Strecken im Navi geschrieben haben. Heute waren die nicht nur kurvig, sondern auch klein, mit holprigem Strassenbelag, teils vom Ackerbau verdreckt und allerlei sonstigen Hindernissen gespickt. Und das fast den ganzen Tag. Ein Traum. Ich komm aus dem Grinsen gar nicht mehr raus.
Diesen Strassentyp kenne ich schon aus Schottland als Single Track Roads. Nur dort gibts Ausweichstellen für den Gegenverkehr. Die haben sich die Franzosen gespart. Fährt man halt über den Acker. Geht auch.
Die Route führt durch nicht enden wollende Felder, die mit kleinen oder grösseren Dörfern verbunden scheinen. Die sind einfach hübsch anzuschauen. Geradezu endzückend. Und das ist so gemeint.
In einem dieser etwas grösseren Dörfer fahre ich an eine Aldi (Nord) vorbei. Da ich Wasser und ein paar Lebensmittel brauche, denke ich: Warum nicht? Mal gucken wie der hier so ist. Und man soll es nicht glauben: Aldi Nord ist echt schick hier. Weit weg vom Grabbel-Aldi-Nord, wie ich den noch kenne. Auch die Angestellten sind freundlich. Die Kassiererin an der Kasse wünscht mir sogar noch gute Reise. Draussen auf dem Parkplatz habe ich dann gleich noch zwei Freundlichkeits-Begegnungen. Eine davon rettet mir das halbe Baguette vor dem Abhandenkommen. Das war durchgebrochen und baumelte nur noch an einem Zipfel. Erstaunlich wie viel man mit ein wenig Freundlichkeit und einem Lächeln bewirken kann. Meine sowieso schon gute Laune steigt noch weiter an. Oh. Und die paar Sachen, die ich gekauft habe, sind sogar noch guter Qualität und schmecken. Sogar das Baguette (obwohl es vom Bäcker sicherlich noch besser gewesen wäre).
Am Morgen war’s noch nebelig und danach gibt die Herbstsonne alles, um das Laub in bestem Licht erscheinen zu lassen. Es macht fast ein wenig den Anschein, als würden die Blätter vor dem Exodus nochmal alles geben wollen.
Ich überlege ernsthaft, ob ich nicht die nächsten Tage, sofern sonnig, ebenfalls bis Abends fahre. Das Licht ist einfach grandios und wenn man sich bewegt, sieht man mehr.
16. + 17. Oktober – 454.7 km von Altrich nach Romilly Sur Seine
So langsam bekomme ich das Gefühl, dass mir die Zeit wegrennt. Anfangs schienen 5 Monate unendlich lang und jetzt sind nur noch 6 Wochen übrig. Also ab gen Süden, noch ein wenig Wärme tanken.
In Luxemburg bin ich verwirrt. Gestern habe ich gelernt, dass offizielle Landessprache Französisch ist. Aber scheinbar haben’s die Luxemburger nicht so extrem damit wie die Franzosen. Die Schilder an der Strasse sind bunt gemischt in Deutsch und Französisch.
Belgien erkennt man daran, dass die Strassen gleich schlechter werden. Störte mich aber so gar nicht. Im Vergleich zu Luxemburg oder Deutschland wirkts hier aber unaufgeräumt. Baustile sind phantasievoll gemischt und in grösseren Dörfern wird mit Werbetafeln an Gebäuden nicht gegeizt. Auch eine Methode, weniger renovieren zu müssen.
Auf dem Weg wollte ich unbedingt durch die Ardennen. Das hat sichg gelohnt. Die Dörfer werden eindeutig hübscher und es gibt eine recht durchgängige Bebauung mit Natursteinhäusern. Das macht schon gleich was her. Das Auge isst man ja schliesslich mit.
Weiter dann nach Frankreich und hier bin ich gleich nochmal verwirrt. Das erste Mal fühle ich mich in Frankreich ein wenig wie zu Hause. Mir gefällt’s viel besser als sonst. Das kann nicht nur am Strassenbelag liegen, der meiner Meinung nach für Moppeds ziemlich oben an der Liste der Strassenbeläge in Europa ist.
Im Grossen und Ganzen hatte ich fast keinen Regen. Manchmal war die Strasse aber nass. Das zusammen mit Laub ist trotz meines Lieblingsstrassenbelags keine gute Kombination. Das ist die Kehrseite des Herbsts. Das bunte tolle bunte Laub fällt halt irgendwann auch runter.
Im Laufe des Tages gibts in Frankreich aber nicht nur Herbst. Hier und da bleibt einem der Mund offen stehen, einfach weil’s so schön ist. Am Liebsten hätte ich da hingesetzt und die Herbstsonne genossen. Immerhin habe ich mich bis 16°C hochgekämpft. Ich hoffe das geht so weiter.
Auf dem Weg nach Süden gehts noch bei der Familie an der Mosel vorbei. Liegt ja auch auf dem Weg.
Eigentlich wollte ich ja die komplette Strecke über Landstrasse machen. Aber ich hab mal wieder den Ballungsraum unterschätzt. Bei der Inspektion der Route merke ich, dass die im Rhein-Ruhr-Gebiet ausschliesslich durch Städte und Dörfer geht. Das ist mir dann ein bisschen zu viel Entschleunigung und ich entscheide mich dafür, bis kurz hinter Köln auf der Autobahn zu fahren und dann Richtung Eifel abzubiegen.
War die richtige Entscheidung. Die Vulkaneifel erweist sich als tolle Moppedstrecke, der Herbst hat hier schon voll zugeschlagen und bietet mir eine farbenfrohe Kulisse.
Gegen sieben wirds dann aber schon empfindlich kalt und ich bin froh, als ich ankomme und mich am Kaminofen wärmen kann.
10. bis 14. Oktober – 166.7 km in Troisdorf, Bonn und bis Marl
Beim Mopped putzen merke ich, dass die Reifen doch mehr abgefahren sind, als ich erwartet hätte. Natürlich prüfe ich ordnungsgemäss die Fahrbereitschaft des Fahrzeugs vor jedem Fahrtantritt. Aber irgendwie scheint es, die Fahrt des letzten Tages hat ausserordentlich Profil gefressen.
Also ab zum Reifenwechsel zu BMW nach Bonn. Dafür, dass die erst die falschen Reifen bestellt habe haben sie mir eine Leihmaschine zur Verfügung gestellt und noch die von Stiefel und Hose abeschubberten Lackstellen am Rahmen wieder nachlackiert – ohne Berechnung. 1a Arbeit, man sieht fast gar nichts und ich bin froh, dass der Rahmen jetzt auch nicht mehr rostet. Das wär glaub ich nicht gut, wenn das so geblieben wäre.
Mit dem TKC 70 bin ich dann doch über 10’600 km weit gekommen. Das ist Rekord. So im Nachhinein wundert es mich dann auch nicht, dass die Reifen runter sind. Wobei sich das so anfühlt als hätte ich sie gestern in Berlin erst aufgezogen. Na gut. Ist schon fast zwei Monate her. Und auch das ist Rekord. In so kurzter Zeit waren sie noch nie runter.
Abgesehen vom Reifenwechsel gabs noch einiges am Haus der Eltern zu erledigen und alte Freunde zu treffen. Die Zeit verging wieder Ruck-Zuck. Weniger belustigend fand ich den Raureif, den ich morgens auf dem Flachdach vom Nachbarhaus entdeckt habe. Der verfolgt mich scheinbar. Oder der Herbst verfolgt mich. Oder ich fahre dem Herbst davon. Je nachdem, wie man das sieht. Ich entscheide mich für davonfahren. Und zwar flott.
Ich wusste gar nicht, dass es in meiner Heimatgegend den grössten Kaltwassergeysir der Welt gibt. Wundert mich auch nicht. Der wurde erst wiedereröffnet, als ich weggezogen bin. Warum passierte in 2006 eigentlich so viel?
Hinfahren kann man nur mit dem Schiff und unter Aufsicht hingehen weil der Geysir in einem Naturschutzgebiet liegt. Der Preis von 15 EUR pro Ticket ist mehr als fair, für das was geboten wird.
‚Angetrieben‘ wird er von Kohlendioxid und wird bis zu 60 Meter hoch. Das Schauspiel ist ziemlich eindrucksvoll wenn man sieht, dass er erst ganz langsam sprudelt und dann plötzlich in die Höhe schiesst. Der Vergleich mit der Sprudelflasche ist gar nicht so daneben. Wenn man sich einen Geysir vorstellt, denkt man ein einen heftigen Schuss und das war’s. Aber der hier (ich hab’s gestoppt) dauert insgesamt 16 Minuten.
Das angegliederte Museum/Erlebniszentrum ist gut gemacht. Es gibt reichlich Informationen zum Geysir und viele Experimente zum selbst probieren rund um Kohlendioxid und Wasser. Macht Spass.
7. und 8. Oktober – Ein paar km mit dem Mopped zum Putzen und Tanken
Auch die letzten zwei Tage vergingen mit kleineren Reparaturarbeiten an Equipment und Haus der Eltern und Mopped putzen.
Das Highligt schlechthin: Vasili ist zurück. Vasili ist ein Grieche, der früher einen griechischen Imbiss in Troisdorf hatte. Dort gab’s den besten Gyros ever. Leider ist er irgendwann zurück nach Griechenland gegangen. Der Nachfolger war gut, aber lange nicht so gut wie Vasili. Und nun ist er wieder da. Eigentlich wohl schon seit 10 Jahren. Aber ich bin ja auch schon 10 Jahre weg. Der Gyros ist immer noch so gut wie damals. Knusprig wie es sich gehört und frisch. Frisch heisst: Nicht vom Spiess aus der Retorte sondern selbst eingelegt. Ich hab’s selbst gesehen, dass er mit dem eingelegten Fleisch nachbestückt. Dass er gut ist, das wissen wohl auch noch mehr leute. Das ist definitiv die einzige Frittenbude, die ich kenne, in der man 1-2 Stunden auf’s Gyros warten muss. Aber es lohnt 😛
Die beiden Tage vergingen wie im Fluge. Alle Wäsche mal durch die Maschine ziehen, sämtliche Koffer und Taschen auspacken, und reingen, Putzmittel für’s Mopped kaufen, kleinere Handwerksarbeiten im Haus meiner Eltern erledigen und Abends alte Freunde treffen. Leider habe ich die Sonneberger knapp verpasst, die zufällig ganz in der Nähe waren. Sonst hätte ich sicher noch ne kleine Tour mit ihnen zusammen gemacht.
Auch noch beim Arzt wegen einer heftigen Nackenverspannung gewesen, die mir seit ein paar Wochen schon zu schaffen macht und so langsam nervig wird. Da hat das 25 jährige Büroleben wohl Spuren hinterlassen und die doch recht anständig lange Zeit der konstanten Sitzhaltung auf dem Sattel fordert ihren Preis.
Und schwupps, waren wieder zwei Tage rum. Sieht so aus als bliebe ich noch bis Mitte nächster Woche, bis es dann Richtung Frankreich weiter geht. Genau weiss man das aber erst, wenn’s soweit ist.