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Tag 119 – Pferde-Spa

Der Tag fängt gut an. Es geht weiter durch sehr schmale Strässchen und zwar ne ganze Weile lang. Manchmal hab ich das Gefühl, durch eine lebendig gewordene Milka-Werbung zu fahren.Milka WerbungAls die Strassen wieder etwas breiter werden entdecke ich einen schönen Pausen-Parkplatz. Weitab vom Trubel des Verkehrs, mittem im Nirgendwo. Als ich grade die Kamera zücke, um von den wunderbaren leeren Strassen bei Licq-Athérey (Aquitanien, noch Frankreich) ein Bild zu machen, tPause im Nirgendwoaucht in meinem Rücken ein Rudel spanischer Wohnmobile auf. Das bleibt mitten auf der Strasse stehen, da wo auf dem Bild noch nichts ist ausser Strasse. Ein paar kleinere Fahrzeuge haben sich auch noch in das Rudel verlaufen und geniessen dessen Schutz. Aus dem Wohnmobil des Rudelführers höre ich, wie eine Frau auf den Rudelführerfahrzeugfahrer einredet. So langsam setzt sich der ganze Tross wieder in Bewegung und nimmt nach und nach die enge Kehre auf den Parkplatz. Ich gebe  zu, ich habe Spass diesem Schauspiel beizuwohnen, wie insgesamt fünf 8m-Wohnmobile im Schneckentempo diese Kehre nehmen. Das geht in der Regel nicht ohne Rangieren ab. Und während die letzten noch mit der Lenkung kämpfen, haben die ersten schon parkiert und schnattern auf spanisch aufeinander ein. Ich verstehe natürlich kein Wort, aber so wie das abging, hat das Rudel sich verlaufen. Als ich abfahre, wird immer noch diskutiert.

Dann geht’s weiter Richtung spanische Grenze. Morgen früh ist 50’000er Inspektion. Die 50’000 habe ich dann auch passend heute vollgemacht.

Pferde auf Schotter kurz vor Port del LarrauKurz vor der Passhöhe ist ein Parkplatz, vom dem eine Schotterstrasse abgeht. Eingehende Prüfung ergab keine Verbotsschilder, also hab ich mal geguckt, was da so ist. Diesmal waren’s keine Kühe, sondern Pferde. Aber da ich nun eindeutig eher in deren Territorium eindringe als andersrum, gehen wir vorsichtig miteinander um, verstehen uns gut und geniessen zusammen die Aussicht. Bis ich ein wenig weiter auf eines treffe, dass es sich offensichtlich gut gehen lässt. Ich konnte nicht anders, ich musste das einfach aufnehmen und vertonen.

Nachdem wir alle unseren Spass hatten, überliess ich die Pferde wieder ihrer Erholung und es ging weiter Richtung Passhöhe zum Port del Larrau.

Port de LarrauIch hab jetzt in den Pyrenäen den ein oder anderen Pass gesehen. Aber der Larrau schiesst den Vogel ab. Die Anfahrt von französischer Seite macht monstermässig Spass, die Aussicht ist bei strahlendem Wetter und 23°C der Hammer und ich komm aus dem Grinsen nicht mehr raus. Oben hat man eine fast 270° Rundumsicht auf die umliegenden Berge – von oben.

Das wissen auch die anderen gefühlten 500 anderen Leute mit ihren Autos und Wohnmobilen, die da oben stehen. Ein Betrieb wie auf dem Rummelplatz. Aber es ist auch Sonntag.

Port de LarrauWeiterfahren auf die spanische Seite lässt mir dann gleich nochmal den Mund offen stehen und ich muss schon wieder anhalten um Fotos zu machen. Reihenfolge: Blick nach vorne, Blick nach unten, Blick nach hinten. Alles von der gleichen Position aus aufgenommen.

Port del Larrau - Blick nach VornePort del Larrau - Blick nach untenPort del Larrau - Blick nach hintenUnd ich hatte schon Bedenken, ob ich nicht vielleicht Schnee hätte, wenn es über die Pyrenäen geht. Aber wenn es Ende Oktober etwas gibt, worüber ich mir dieses Jahr hier keine Sorgen machen muss, dann ist das Schnee. Nicht mal über Regen. Seit Wochen hatte ich keinen Regen, nichtmal am Tag des Erdrutschs, der uns vorgestern die unfreiwillige Pause verschafft hat. Da war ich in Prades und es war so ein wenig neblig. Mehr nicht.

Weiter geht’s dann Richtung Pamplona mit Tankpause in Aribe. Und danach legt die Strasse nochmal richtig zu. Aber sowas von. Unglaublich tolle Kurven und ich habe Megaspass.

Pamplona selbst ist dann wie ausgestorben. Bestimmt weil Sonntag ist. Auf jeden Fall komme ich ganz ohne jeden Stau zum Hotel und das ist auch gut so.

 

Tag 115 – Trau keiner Kuh über 60

26. Oktober – 259.5 km von Prades nach Sant Julià de Lòria

Heute also nach Andorra. Dem Namen nach dem Albtraum meiner Jugend. Wer musste das Buch vom Schweizer Max Frisch nicht in der Schule lesen? Spätestens mit dieser Lektüre hat unser Deutschlehrer, den letzten Funken Interesse am Fach Deutsch in mir nachhaltig getötet. Macht nichts, dafür haben viele andere Lehrer das geweckt was in mir steckt. Allen voran unser Informatik- und Physiklehrer, auf den ich heute immer noch grosse Stücke halte.

Le Tech, Languedoc, FrankreichDer Abschied von Frankreich fällt mir wirklich schwer. Der Aufenthalt der letzten neun Tagen hat mir viele neue Facetten des Landes gezeigt und die meisten davon waren ausserordentlich positiv. So langsem werden wir Freunde. Hat ja auch lange genug gedauert. Erstaunlich auch, wie viel von meinem Schulfranzösisch noch hängen geblieben ist. Zum Glück. Sonst wäre ich wohl sang- und klanglos untergegangen und hätte sicher nicht so viele postive Eindrücke mitgenommen. Merke: Wer den Zugang zu Land und Leuten bekommen möchte, dem hilft es ungemein, wenn man die Sprache kann oder sich zumindest bemüht. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten in anderen Ländern wären natürlich rein zufällig.

Für die Route nach Andorra wähle ich den langen Weg drumrum, auch wenn ich die ersten Teilstrecken schon gestern gefahren bin. Aber 118 km wären wirklich zu lachhaft gewesen. Und ich wollte ja unbedingt mindestens eine Nacht hier sein.

Die spanische Grenze ist erstaunlich unspektakulär. Oder ich bin einfach mittlerweile grenzmüde. Immerhin ist das mein 32. Grenzübergang für diese Tour. Zunächst bin ich nicht so begeistert von den spanischen Strassen. Im Vergleich zu Frankreich empfinde ich sie eher langweilig. Aber dann später drehen die Spanier voll auf und ich habe grossen Spass auf Pässen bis auf 1’800m rauf.

Komisch fühlt es sich aber doch an, durch Skigebiete fährt, die sich langsam auf die Saison vorbereiten und ich selbst bin noch auf dem Weg in den Nach-Sommer. Wobei ich mich schon wie Bolle auf eine volle Saison in Engelberg als Snowboardinstruktor bei BOARDLOCAL freue.

Kuh auf der Strasse bei Tosos, Katalonien, SpanienDie Kuh stand da schon, als ich um die Kurve kam und es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte Kuhragout aus ihr gemacht. Jetzt weiss ich auch, warum hier 60 km/h ist. Aber sie glotzt unbeweglich und gibt mir sogar noch Zeit, die Handschuhe auszuziehen und ein Foto zu machen. Ganz kurz kommt mir der Gedanke, irgend ein Witzbold hätte eine Kuh-Attrappe auf die Strasse gestellt. Aber dann bewegt sie sich doch.

Im weiteren Verlauf des Tages gibt es atemberaubende Ausblicke und ich freue mich auf die nächsten Tage in den Pyrenäen.

Molló, Katalonien, Spanien Aussicht bei Alp, Katalonien, SpanienBleibt nur noch den Termin für die 50’000er Inspektion mit der Route abzustimmen. Das gestaltet sich genau so schwierig wie in Norwegen. Aber ich bin zuversichtlich, dass irgend eine Werkstatt passend auf der Route aufzutreiben ist.