Motorrad-Reisen und -Touren

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Tag 56 – Rentiere

28. August – 277.5 km von Vuokatti nach Kuusamo

Als ich heute morgen aus dem Fenster gucke, bin ich guter Dinge. Die Sonne scheint. Es hängen ein paar Wölkchen dekorativ herum und der See, der gestern noch ganz trist aussah, hat deutlich an Charme gewonnen. Aber ich lasse mir Zeit heute. Erstens weil das Häuschen echt schnuckelig ist, zweitens weil ich Urlaub habe und drittens: Es ist Sonntag!

382223Als ich dann die Nase um 11 das erste Mal zur Türe rausstrecke und ganz normal in kurzer Hose raus bin, denke ich mir so: Hui. Das ist aber frisch. Mein gefühltes Frisch deckt sich mit dem gemessenem Frisch am Thermometer, an dem ich vorbeikomme: 8°C. Also erstmal warm anziehen. Es ist noch keine Zeit für Regenkombi, aber für lange Unterwäsche alle Male.

Meine Entscheidung für die kommende Nacht geht dann schnell nochmal in Richtung Mökki statt Zelt. Zumal in die Gegend in die ich will, heute morgen 0°C waren. Das ist ein sehr guter Grund für Mökki. Als das Navi dann irgendwas von „im Kreisverkehr in 221 km geradeaus“ erzählt , weiss ich, dass ich nun auch in der Gegend der langen Strassen angekommen bin. Ausser ein paar Pausen an diversen Seen passiert auch erstmal nicht viel.

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Aber dann entdecke ich wieder Verkehrsschilder mitten im Wald oder die aufgehobenen 40 direkt vor dem See. Winter-Schneemobil-Land hat angefangen.

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Nicht nur das. Auch Rentier-Land hat angefangen. Und kaum kommt das Schild, tauchen die auch schon gleich an allen möglichen und unmöglichen P1050082Stellen auf. Vorzugsweise da, wo sie nicht sein sollen. Einmal seh ich sie von vorne auf der gegenüberliegenden Fahrbahn antraben und rechts ist gleich eine Parkbucht. Meine Chance, ein paar schöne Fotos zu bekommen. Aber ich bin zu langsam mit den dicken Handschuhen oder die Rentiere sind zu schnell. Bevor ich noch irgendwas kameraartiges rausbekomme, sind sie schon an mir vorbei. Mist, denke ich aber sehe im Rückspiegel, dass sie sich das Spiel mit mir ganz gemütlich von der Fahrbahn aus anschauen. Ich also weiter Kamera rauspuhlen. Das müssen sie gemerkt haben und traben rechts in die Senke neben ‚ihrer‘ Fahrbahn. Das kann’s doch jetzt nicht sein und ich gucke, ob sie wieder rauskommen. Wie als wollten sie mir sagen: ‚Du bekommst uns doch nicht“ stellen sie sich jetzt wieder auf die Strasse und eins fängt an in aller Öffentlichkeit und unbeeindruckt vom Ort des Geschehens zu urinieren. Sieht lustig aus, wie es breitbeinig da steht. Und dann ab in den Wald. Und da hatte ich die Kamera endlich soweit.

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Das Mökki von heute ist mitten im Wald, direkt am See, hat Steg und Boot und natürlich eine Sauna. Und da gehts jetzt rein.

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[Edit 2016-08-28 Fehlende Bilder ergänzt und Rechtschreibkorrekturen]

Tag 55 – Nichts los in Finnland

27. August – 271.2 km von N62°48’37.4″ O030°34’43.1″ nach Vuokatti

Heute morgen alles wieder einpacken und aufs Mopped und dreimal kontrolliert, dass wirklich keine Reste mehr da sind und ich alles mitgenommen habe, was mich mitgebracht habe. Das gilt auch und insbesondere für meinen Müll. Ich wünschte, so etwas wie das Jedermannsrecht würde es bei uns auch geben.

P1050020Und dann: Strasse gesperrt. Noch 1.5 km und dann ist Ende. Und das gilt ausdrücklich auch für Moppeds. Wobei ich mich frage: Bei der niedrigen  PKW-Frequenz sowieso, dürfte die Anzahl der Moppeds gegen 0 gehen, die ausser mir da durch wollen. Das Navi will mich erstmal ganz zurück und auf die Teerstrasse schicken. Ich entdecke aber eine nicht geteerte Alternative und ignoriere das „Bitte wenden“ Gemeckere. Und siehe da: Irgendwann entdeckt Ilse auch die von mir gewählte Strecke.

Aber dann. Teer. Geradeaus. Ohne Verkehr. Langweilig. Stundenlang sehe ich kein andereres Fahrzeug. Aber dafür gibt’s Wind.  Wenn der Wind nicht gewesen wäre, ich wäre sicherlich auf der Stelle eingeschlafen. Aber die Böhen haben mir immer mal wieder eine Schreck-10tel-Sekunde beschert um auf der Strasse zu bleiben. Da war ich wieder wach.

Lebensmittel brauchte ich noch. Erster Supermarkt laut Navi: 20 km. Also hin. Leider „out of business“. Google spuckt mir bei der Suche nach Supermarkt ausschliesslich Lidls aus. Ich denke, kann ja wohl nicht. Aber besser ein Lidl der am Samstag noch auf hat als ein Nicht-Lidl, der zu hat. Entfernung: 50 km. Die Entfernungen hier sind definitiv anders als wir das so gewohnt sind. Glücklicherweise gibt es gleich neben dem Lidl auch noch einheimische Supermärkte, die ich bevorzuge.

Beim Einkaufen merke ich, dass es auch in anderen Ländern ein Fehler ist, mit leerem Magen einzukaufen. Aber da konnte ich heute mal nichts für. Die Vorräte waren einfach alle. Hätte ja schlecht meine Wäsche essen können. Ich kaufe also auch einiges von dem, wo mein Magen ganz laut ruft „Kauf das. Ich will das“. Aber sei’s drum :). Das Eis, den Joghurt und den Pulla verzehre ich an Ort und Stelle. Hab ja gar keinen Platz und das würde auch nicht halten. ?

P1050027Es gibt nicht nur Elch-Schilder, sondern hier fangen auch die Rentier-Schilder an. Gibts bei uns eigentlich auch verschiedene Schilder für verschiedenes gehörnte Viehzeug?

Schöne Bilder sind übrigens scheinbar eine Domäne der nicht geteerten Strassen. Heute morgen war’s Wetter zu schlecht für schöne Bilder und heute Nachmittag gabs nichts. Das machte die Fahrerei nochmal extra anstrengend. Nicht mal was zum Gucken.

Dafür gönne ich mir heute ein Ferienhäuschen mit Sauna, Kamin und Kochgelegenheit. Jetzt knistert das Holz im Kamin, die Sauna hat Ihren Dienst schon verrichtet ich bin satt und sogar das Internet ist 1a.

Tag 54 – Schöne Bilder

26. August – 179.7 km von Parikkala nach N62°48’37.4″ O030°34’43.1″

Der erste komplette Tag in Finnland. Ich lasse mir Zeit mit dem Aufbruch. Und dann präsentiert sich das Land gleich von seiner besten Seite.

Die ersten Elch-Schilder tauchen auf. Aber Elche oder Rentiere noch keine.

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Und Seen, Seen, Seen. Ich komme nicht so recht weiter, weil ich alle paar Kilometer anhalte, um Fotos zu machen.

Irgendwann mittendrin schaffe ich es, Kontakt zu einer Motorradwerkstatt in Tromsø passend auf dem Weg für den 40’000 km Service zu bekommen. Norwegen war wegen der Preise nicht so meine erste Wahl, aber die nördlichste Werkstatt in Finnland hätte erst zu spät einen Termin gehabt. Also muss es die erste in Norwegen sein.

Heute dann auch den 10’000sten km gefahren für die Tour. Eigentlich wollte ich ja ein Foto vom Tageskilometerzähler machen, aber das Ding springt frech auf 0 zurück, statt auf 10’000. Gut zu wissen. Oben auf einem der Bilder sieht man den Stand noch bei 9’975.

P1040933Abends steuere ich auf einen Campingplatz in Kivilahti zu. Aber stattdessen wird mir plötzlich unterwegs der perfekte Platz für die Nacht mitten im Nirgendwo vor die Reifen geworfen. Am See, mit Grilli-Kioski, Zeltplatz und sogar Plumpsklo. Bin mir erst nicht ganz sicher, ob das nicht Privatgelände ist, aber Schild im Grilli-Kioski sagt eindeutig: ‚Allgemeingut. Benimm dich entsprechend.‘ P1040935

Ich habe noch eingedosten Fleischkäse aus Ravensburg, ein paar Spaghetti und Knoblauch und Olivenöl. Das gibt ne schöne Spaghetti aglio e olio mit Fleischbeilage. Der Rest des Fleischkäse reicht fürs Frühstück noch und damit sind dann meine Vorräte fürs Erste aufgebraucht.

Das Schöne hier oben im Norden ist: Sonnenuntergänge dauern richtig lange. Die Sonne lässt sich Zeit beim Eintauchen in den See. Aber dafür beschert sie mir ein paar sehr schöne Momente und Bilder.

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Tag 53 – Finnland

25. August – 324.7 km von St. Petersburg nach Parikkala

Die Abfahrt von und durch St. Petersburg zeigt mir nochmal ein paar schöne Ecken. Ansonsten ist ziemlich viel Verkehr und ich bin froh, als ich aus der Stadt raus bin und es wieder rollt.

IMG_4116Es wird auch merklich kühler auf dem Land. In einer Umziehpause am Strassenrand hält hinter mir ein russischer LKW. Der Fahrer steigt aus und kommt auf mich zu. Er hält mich für einen Tschechen, wegen des CH auf dem Koffer. Ich schaffe ihm aber klarzumachen, dass CH für die Schweiz steht. Daraufhin erzählt er mir auf Russisch, er hätte auch ein Mopped, eine Jawa aus dem Jahre 1958. Zumindest denke ich mir das, als er mir 1958 auf den Seitenkoffer mit der Hand malt. Dann schüttelt er mir die Hand, wünscht mir gute Reise und fährt von Dannen. Erstaunlich, wie Kommunikation funktionieren kann, obwohl sie scheinbar so gar nicht funktioniert.

In den Nachfolgenden Pausen muss ich immer mehr anziehen, bis ich schliesslich mit Fleece-Pulli und voller Regenmontur da stehe. Der Regen lässt auch nicht lange auf sich warten. Hält sich aber in Grenzen.

Die Grenze auf russischer Seite sieht erstaunlich aufgeräumt und neu aus. Im Vergleich zur Einreise geht das auch recht einfach: Zollkontrolle, Passkontrolle, Taschenkontrolle fertig. Ich frage mich allerdings, was die bei der Taschenkontrolle sehen wollte. Musste die beiden Packtaschen oben aufmachen. Sie hat reingeguckt, genickt und mich fahren lassen. Ich hätte wer weiss was in den Koffern und unten in den Taschen haben können.

Auf finnischer Seite dann Passkontrolle. Fertig. Die sind da echt tiefenentspannt. Musste absteigen, dann in ein Gebäude, durch Abfertigungsanlagen wie am Flughafen und dann auf der anderen Seite des Gebäudes wieder raus zum Mopped. Sonstige Absperrungen waren da keine. Hab keine Ahnung wie die Beamten da mitbekommen haben, ob ich überhaupt da durch gegangen bin.

In Finnland dann sind die Strassen deutlich besser, das Gras grüner und der Himmel blauer. Ich fühle mich wieder mehr wie daheim. Finnland ist ja seit Jahren schon eines meiner Lieblingsländer. Und wer mal hier war, weiss warum.

IMG_4125Im Supermarkt merke ich, dass mein Finnisch doch nicht so eingerostet ist, wie ich dachte. Zumindest der passive. Für viele der Worte fällt mir die Bedeutung wieder ein. Und auch die Produkte, die ich von damals noch kenne, gibt es noch. Wer mal hier ist: Diese Wurst nicht kaufen – ausser man hat einen Hund.

Dann schickt mich das Navi auf die Via Karelia. Die ist im südlichen Teil fast schon eine Achterbahn. Nach Hügeln kommen Senken in denen es auch dann gleich in die Kurve geht. Geteert zwar, aber leider nass. Egal. Hat trotzdem Spass gemacht. Dann geht es auf haufenweise Schotter immer mal wieder von der Teerstrasse runter. Mein Navi weiss, was ich will. Und Abends sieht mein Mopped einmal mehr aus wie durch den Schlamm gezogen.

Tag 52 – St. Petersburg

24. August – Ein paar Kilometer zu Fuss durch St. Petersburg

Morgens losgelaufen, um mal relativ ziellos einen Eindruck von der Stadt zu bekommen. Und da waren sie wieder. Die Lautsprecher. Zwar hier nicht gut sichtbar, dafür aber gut hörbar. Ein Herr erzählte dann auch was auf Russisch. Interessanterweise gingen vorher die Sirenen und jede Menge Martinshörner fuhren durch die Gegend. Da die um mich herum befindlichen Russen aber nun nicht in Panik ausgebrochen sind, sah ich dazu auch keine Veranlassung und habe meine Fotosafari unbeeindruckt fortgesetzt.

Insgesamt macht die Stadt den Eindruck, als wäre sie mal sehr reich gewesen aber mittlerweile etwas vernachlässigt, vielleicht auch ein wenig runtergekommen. Wenn man genau hingeschaut hat, war vieles doch schon recht kaputt oder lange nicht instand gesetzt. Hier und da musste man auch nicht so genau hinschauen, um das zu bemerken.

Es stehen allerdings überall Müllkörbe, die auch reichlich genutzt und nachts geleert werden. Insofern macht die Stadt dann auch wieder einen sauberen Eindruck. Zumindest der Teil in dem ich war.

Mein Appartment war direkt am Nevsky Prospekt, um die Ecke der Erimitage. Und dieser Nevsky Prospekt wird scheinbar von allem was reich ist und dicke Autos oder/oder laute Moppeds fährt, als Renstrecke benutzt. Das war doch teils recht laut  wenn die auf kürzester Strecke mit Vollgas beschleunigt haben, was das Zeug hält. Und auch nicht so ganz ungefährlich für Fahrer und Passanten. Und das hallt so schön, in den Häuserschluchten.

Abends habe ich mich dann so lange in der Stadt rumgetrieben, dass ich fast nichts mehr zu Essen bekommen habe. Fast.  😉

Die Beute dieses Tages als Galerie.

Tipp: Die Maus über die Galeriebilder fahren. Dann wird eingeblendet, was es ist. Mobil einmal drauf tippen.

 

 

Tag 51 – Nach St. Petersburg

23. August – 176.1 km von Narva nach St. Petersburg

Heute Aufbruch recht früh und erstmal tanken. Ich stehe vor der Zapfsäule, häng den Rüssel rein. Nichts. Das Gerät piept ganz hektisch. Ein freundlicher Russe kommt vorbei, drückt ein paar Tasten und gestikuliert mir, dass ich jetzt tanken könne und dann drin bezahlen. Ich bin angenehm überrascht. Russen haben sich bisher für mich durch alles Mögliche ausgezeichnet, aber nicht durch Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft.

Dann ab zur Grenze. Da fängt mich erstmal ein Grenzbeamter ab, ob ich denn schon mein Fahrzeug registriert hätte? Meinen Gesichtsausdruck hätte ich sehen wollen. Ich aber bewahre die Contenance und erkundige mich, wo ich das tun könne. Er zeigt auf die Karte vor meinem Gesicht: ‚Follow the black line‘.

Oookeh. Also wieder ein paar Kilometer aus der Stadt raus. Zum Registrierungsbüro. Am ‚Fenster 1‘ Reisepass und Fahrzeugpapiere vorzeigen. Der freundliche Herr knöpft mir 1.50 € ab und drückt mir sowas wie einen Kassenzettel mit den Worten in die Hand, ich müsse aber nicht bis zur angegebenen Zeit warten sondern könne gleich auf die andere Seite der Wartezone zu Fenster 2. Hat wohl Mitleid mit mir bei dem Regen.

Also zu Fenster 2. Der will den Kassenzettel sehen, will nochmal nen Euro, telefoniert und sagt, ich solle nochmal zum Mopped zurück und warten bis mein Kennzeichen auf der  grossen Tafel erscheint. Ich richte mich mal auf Warten ein und fange an, mein von der Tanke mitgebrachtes Butterbrot zu essen. Damit komme ich aber nicht weit denn plötzlich geht es ganz schnell. Registrierungsnummer erhalten und wieder ab zur Grenze, in die Schlange anstellen.

IMG_4054IMG_4050Da sind mittlerweile ca 20 Autos vor mir und alle paar Minuten wird eins vorgelassen. Das kann ja dauern … Aber auch das geht recht schnell, verglichen mit der Prozedur die noch kommen sollte. Habe aber noch Zeit wie angefordert  das Nummernschild zu säubern. Das sah aber auch tatsächlich aus wie Sau.

Ich weiss nicht mehr genau, wie viele Papiere bzw. Stempel ich bekommen und unterschrieben habe,  wie viele Kontrollen ich durchlaufen musste. Ich versuch das mal aufzuzählen

  1. Fahrzeugregistrierung Fenster 1
  2. Fahrzeugregistrierung Fenster 2
  3. Pass- und Fahrzeugkontrolle auf estnischer Seite
  4. Passkontrolle und Formularaushändigung auf russischer Seite
  5. Pass- und Fahrzeugkontrolle auf russischer Seite
  6. Zollkontrolle der ausgefüllten Fomulare auf russischer Seite. Ach ja. Und Passkontrolle
  7. Passkontrolle bei Ausfahrt

Bei der ganzen Prozedur bekomme, unterschreibe und gebe ich diverse Zettelchen ab und hoffe jetzt einfach mal, dass ich die richtigen Zettelchen noch habe, um keine Probleme bei der Ausreise zu bekommen und keine Waschmaschine gekauft habe.

Bei Schritt 4 bekomme ich ein kleines Paper in den Reisepass gelegt und die Zolldokumente in doppelter Ausführung mit der Aufforderung zum Ausfüllen in die Hand gedrückt. Wo und wie, das bleibt mir überlassen. Auch wie ich die Papiere einigermassen trocken ausfülle. Die wollen bestimmt keine nassen Zolldokumente verarbeiten. Die Dokumente werden dann bei Schritt 6 geprüft und recht freundlich die fehlenden Angaben gemeinsam ergänzt. Bei dem noch unangetasteten Zettelchen im Reisepass guckt die Zollbeamtin mich vorwurfsvoll an, sagt tztztz und fängt an das für mich auszufüllen. Fand ich nett. Unterschreiben, teilen und die eine Hälfte bleibt bei mir. Das ist, wie ich später feststelle, die ‚Immigration Card‘ und bestimmt wichtig.

Und dann fertig. Durch. In Russland. IMG_4057Jetzt bleibt nur noch die Versicherung für das Mopped. Schweizer Versicherungen machen nämlich scheinbar in Russland nichts, wie mir die russisch/deutsch sprechende Reisebegleitung eines vor mir in der Zollkontrolle stehenden Reisebusses sagt. Aber gleich nach der Grenze gäbe es rechts Kioske, an denen könne man eine kaufen.

IMG_4063Nun ist der Begriff ‚Kiosk‘ ja recht weit gefasst. Erster Kiosk ist ein Büdchen und kann mit meinem Gestammele nach Insurance oder Versicherung natürlich nichts anfangen. Also weiter. Tanke. Gleiches Spiel, gleiches kein Glück. Dann kommt nichts mehr. Ich überlege kurz, einfach ohne Versicherung loszufahren. Geht eh scheinbar nur bis 11´000 EUR. Aber bei einer Polizeikontrolle möchte ich nicht ohne gültigen Versicherungsschutz da stehen und schon gar nicht im Falle eines Unfalls.

Also wieder zurück in Grenznähe, wo es noch estnisches Netz gibt, und per Google Translate Motorrad Versicherung für Russland kaufen mich durch die Gegend gefragt. Keine Ahnung, ob die Übersetzung gut ist, aber schliesslich lande ich tatsächlich in einem Versicherungskiosk und erwerbe für 900 RUB (knapp 12.30 EUR) eine Versicherung und viel Papier für einen Monat.

Englisch ist übrigens eine Fremdsprache. Und dass die hier sehr fremd ist, merke ich an jeder Ecke. Auch im Versicherungsbüro gehts nur per Google Translate auf beiden Seiten. Und einmal hilft mir meine Übersetzerin, die mir auch schon den Führerschein übersetzt hat. Den habe ich hier tatsächlich das erste Mal gebraucht und wurde anstandslos akzeptiert. Lob an http://www.auf-gut-russisch.de/.

Die restliche Fahrt ist regnerisch und langwierig. Die Strasse ist allerdings entgegegen meiner Erwartung sehr gut ausgebaut und recht modern. Anspruchsvoll wird es dann, einen Parkplatz zu finden, abzusatteln und mit sämtlichem Gepäck (ich will nix am Mopped lassen) im strömenden Regen auch noch das Hotel zu finden. Aber auch das hat letztlich geklappt. Die Gesichter der Touristen und Einheimischen waren allerdings belustigend.

Ich bin froh, dass ich eine Notreserve an Bargeld dabei habe. Denn meine „weltweit Geld zum Nulltarif abheben“ Kreditkarte spuckt der Automat wieder aus. Scheinbar ist St. Petersburg in diesem Sinne nicht mehr in der Welt — oder zumindest diese Bank nicht. Belustigend fand ich dann die Dame, die mir das Bargeld in der Bank wechselt. Ohne ein Wort, ohne die Miene auch nur eine Sekunde zu verziehen. Die könnte glatt bei der Grenzkontrolle anfangen.

Tag 50 – An die russische Grenze

22. August – 276.4 km von Valga nach Narva

50 Tage und fast 10’000 km. Das heisst: Ich liege gut im Plan. 30´000 km habe ich für die 150 Tage insgesamt geschätzt. Das heisst auch: Ein Drittel ist schon rum. Oder: Zwei Drittel liegen noch vor mir. Die bisherige Zeit ist wie im Fluge, bzw. wie in der Fahrt vergangen. Zürich liegt schon so lange hinter mir, dass es wie Ewigkeiten scheint. Oder die Menge der Erlebnisse ist einfach so gross, dass das quasi aus dem Speicher schon hinten rausgerutscht ist.

Zeit für ein weiteres Ausrüstungs-Resümee in Sachen Elektronik

  • Akkus: Je mehr, desto besser. Gebraucht habe ich zwar bisher fast nur meinen Anker 20’000 mAh Akku zzgl Ladegerät, aber bei ein oder zwei Nächten im Zelt kann Power nicht schaden
  • iPhone: Schweizer Taschenmesse in Sachen Elektronik. Kann fast alles. Nicht alles immer gut, aber so, dass man weiterkommt. Insbesondere für die Navigation hat es mir mehr als einmal „den Arsch geretttet“. Das 5s, das ich mit hab, reicht vollkommen
  • Mac Book Air 13″: Unabdingbar, leicht und stabil. Wie sollte ich sonst die Posts schreiben? :). Ausserdem ganz nützlich, falls es dann doch mal länger dauert und man im Zelt bei Regen fest sitzt um Filme zu gucken oder die Steuern zu machen …
  • GoPro Hero 4 Black: Hab schon das ein oder andere Video damit gezaubert. Nicht unbedingt notwendig, aber ich glaube, ich bin dankbar, wenn ich das Videomaterial später habe.
  • BMW Navigator V: Man kann auch ohne, aber deutlich bequemer ist mit. Insbesondere für die Aufzeichnung von Tracks für die Karten, die eingangs dargestellt werden sowie das Finden von kurvenreichen Strecken. Bei Regen macht der sich auch besser, als das iPhone.
  • Panasonic Lumix DMC-TZ61:  Kompaktkamera mit 30fach Zoom. Unabdingbar. Viele tolle Erinnerungen damit gemacht und sie macht klasse Bilder, wie man sehen kann. Könnte für meinen Geschmack noch was kleiner sein, aber der 30fach-Zoom braucht halt Platz. Ist schon ein Wunder, dass der in dem kleinen Ding überhaupt untergekommen ist.

IMG_4027Heute morgen überlege ich noch, ob ich ‚kurvenreiche‘ oder ’schnellste‘ Strecke wähle. Gestern tendietre ich noch zu ’schnellste‘, um kein Risiko einzugehen. Denn mein Zeitfenster für Russland ist nur 3 Tage. So lange geht mein Visum. Beim nächsten Mal würde ich das etwas länger machen.  Da zwischen den beiden Varianten nicht so viel Unterschied ist und ein wenig Abwechslung nicht schaden kann, wähle ich ‚kurvenreich‘.

Als ich eine kurze Pause mache, um einen weiteren Lost Place auf Zelloloid zu bannen, routet das Navi so rum und bittet mich, statt des Kreisverkehrs in 50 km, doch bitte in ein paar km auf ‚ungepflasterte Strasse“ abzubiegen. Dieser Bitte komme ich gerne nach.

Was das Navi nicht weiss: Die Schotterstrecke wird wohl grade aufgefrischt. Phase I davon ist, die Strasse erstmal in einen halben Kartoffelacker umzuwandeln, um das Ganze dann hinterher wieder platt zu machen. Ich hatte die Strasse wohl im Zustand zwischen Phase I und II erwischt. Anspruchsvoller, aber jede Menge Fahrspass.

Danach kommt tatsächlich eine kurvenreiche Strecke. Und zwar Kurven, wie wir sie kennen. Keine estnischen Kurven, in denen auf 50 runter reguliert wird, obwohl man sie mit 130 nehmen könnte. Könnte. Bin ja kein Heizer. Die empfohlenen 40 km/h ignoriere ich aber und fahre mit gemütlichen 80 wo 90 erlaubt wären. Also alles im Rahmen.

Gegen Nachmittag mal eingekauft und für unsere westlichen Augen doch eine sehr seltsame Auswahl an ungekühlten Lebensmitteln entdeckt.

IMG_4036Je weiter ich nach Nordosten komme, desto grösser wird die Seen- und Wälderdichte und geringer die Verkehrsdichte. Ab und an kommt mir mal ein Auto entgegen. Wenn es mal zwei hintereinander sind, ist das schon ein Ereignis.

Ein weiteres Umrouten in einer Pause führt mich mitten im Niemandsland mal wieder an einer Kirche vorbei, die hier neben halb verlassenen Häusern ein wenig verloren aussieht aber noch ganz gut in Schuss zu sein scheint.

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Im weiteren Verlauf des Tages wundere ich mich, dass scheinbar doch noch eine ganze Menge von meinem Finnisch übrig geblieben ist. Estnisch ist dem Finnnischen sehr ähnlich und ich kann viel mehr lesen und verstehen, als ich gedacht hätte. Überhaupt sieht das hier schon sehr nach Finnland aus und fühlt sich auch so an.

Nun sitze ich also quasi direkt vor der Grenze und morgen soll’s früh raus gehen. Nach Auskunft der Rezeption kann der Grenzübertritt zwei Stunden dauern — oder auch zehn. Daher lieber mal mehr Zeit, früh raus und ohne Frühstück los. Frühstücken kann ich dann ja immer noch in der Warteschlange an der Grenze. Bis St. Petersburg sind es laut Google Maps 2.5 Stunden Fahrzeit. Da brauche ich auch noch etwas Zeit für.

 

Tag 49 – Sauna

21. August – 161.9 km von Riga nach Valga

 

Heute morgen also versuche ich meine Länderübertritts-Checkliste mal wirklich angemessen zu berücksichtigen. Da das Internet für Hotels unglaubliche 7 MBit Up- und Downstream hat bemühe ich mich die Karten für St. Petersburg a) zu finden und b) aufs Navi zu laden. Ich scheitere schon bei a). Trotz Suchens in diversen Foren und intensiver Recherche finde ich nur Karten von Drittanbietern oder Garmin-Karten, die aber nichtmal mehr Garmin selbst anbietet. Roaming werde ich in Russland keins haben, Google Maps fällt also auch aus. Und wer rettet mich: Mein Scout Gratis-Navi aus dem AppStore mit gekauftem Kartenmaterial Europa für 4.99 €. So langsam wird mein iPhone zum Schweizer Tsachenmesser für Navigation.

Dann die Packerei wieder rückwärts. Erst Taschen zum Mopped ins Parkhaus bringen, dann nochmal mit dem restlichen Klimbim ein zweites Mal gehen. Auf dem Rückweg mache ich noch das Panorama vom Domplatz, was sich jetzt neu oben im Header mit dem von Hechlingen abwechselt. Dabei höre ich einen Cellospieler, der gleich am Dom seine Strassenmusik macht. Ins Hotel, restliche Sachen holen und dann mal dahin. Ich mag Cello und der spielt genau die Tonlage die mir sehr liegt. Als ich hinkomme, bimmeln die Glocken und der Cellospieler celliert grad nicht. Aber macht so den Eindruck, als würde er gleich wieder anfangen. Also warte ich.

IMG_4006Kommt so ein Auto-Tross vorbei aus dem fürchterlich wichtig aussehende Leute aussteigen. Ich denk mir noch: Wieder so wichtigtuerische Diplomaten. Wichtig aussehende Diplomaten die von einem in Galauniform ganz ehrfurchtsvoll begrüsst werden. Da mein Cellist grade Pause macht, Google ich so, wer denn wohl in Lettland einen Wagen fahren darf, der ausser dem EU-Kennzeichen nur ein Wappen auf dem Nummerschild hat. Wikipedia weiss ja fast alles. Da steht nämlich, dass das nur der lettische Präsident das darf. Da stapfte also Raimonds Vējonis ganz unspektaktulär mit ein paar Sicherheitsbeamten und dem Gardeuniformist durch die Touristen an mir vorbei zur Kirche um den Unabhängkeitstag zu begehen. Ich bin nicht obrigkeitsgläubig. Allerdings die Selbstverständlichkeit und mit so vergleichsweise wenig TamTam und Brimborium der da in die Kirche ging, das hat mich beeindruckt. Eigentlich sollte das immer so sein – wenn nur die ganzen Irren nicht wären.

Auf jeden Fall hab ich dem Cellisten dann grosszügig was in sein Sammel-Dingsda gegeben und mich erstmal in angemessenem Abstand vor ihn auf den Boden gesetzt und ein Viertelstündchen bei traumhaftem Wetter auf dem Domplatz in Riga ein kleines Cello-Privatkonzert genossen. So kann der Sonntag anfangen. Natürlich war ich dann viel später unterwegs, als ich eigentlich sein wollte. Aber der Aufenthalt in Riga war’s wert.

Aus Riga raus erstmal Stau. Es wird grosszügig gebaut und es geht nur einspurig durch. Dann 60 km lang, lange, grade, platte Landstrassen. Der Höhenmesser zeigt auch schonmal -10m an. Nach 60 km gehts rechts auf „ungepflasterte Strasse“, die eine kleine Schlaufe um die Landstrasse rum macht und mir damit die Fahrt versüsst.

P1040465In einer kurzen Pause mampfe ich mein Käsebrot und es kommt ab und an ein Auto. Einer, den ich vorher schonmal überholt hatte, dann er wieder mich weil ich wieder wo Fotos gemacht hatte und ich ihn dann wieder hat mich wieder eingeholt. Kommt langsam an mich rangefahren und sagt, er hätte mich eben schon auf der Landstrasse gesehen, ob alles in Ordnung wäre.

Ich freu mich dass es so viel Hilfsbereitschaft gibt. Als ich ihm erkläre, dass wirklich alles in Ordnung ist und ich nur die ungepflasterte Seitenstrasse für die Abwechslung und zur Pause nutze, macht er ein wenig ein Gesicht, als glaube er, dass ich nicht alle Tassen im Schrank hätte. So eine Strasse freiwillig zu fahren, wenn man nicht muss und es parallel eine schöne platte Landstrasse gibt? Wer weiss, vielleicht hat er recht? 😉

Gelandet bin ich heute direkt hinter der estnischen Grenze in einer privaten Pension. Es empfängt mich eine resolut aussehende ältere Dame und mir schwant schon Übles, was Englisch angeht. Hab auch recht gehabt. Bei Englisch schüttelt sie den Kopf und sagt dann auf deutsch: Deutsch könne sie aber. Ich bin ehrlicherweise etwas verdutzt. Aber freu mich einmal mehr. Sie führt mich durchs Haus und mit das erste was sie mir zeigt ist die Sauna. Eine richtige finnische Sauna, mit Holz befeuert. Das Land ist mir gleich sympatisch.

Sie fragt mich auch gleich, ob ich duschen möchte, oder in die Sauna gehen will. Ich entscheide natürlich für Sauna und sie meint dann lapidar: Na da könne ich mich ja auch in der Sauna waschen und sie bräuchte mir die Dusche nicht zu zeigen. Dazu muss man wissen, dass typische finnische Saunen tatsächlich gleichzeitig quasi das Badezimmer sind und sich in der Sauna gewaschen wird. Dazu befindet sich da meist eine Plastikschüssel, die mit kaltem Wasser gefüllt ist bzw. wird. Man mischt dann so viel von dem kochend heissen Wasser aus dem Saunaofen dazu, wie es einem passt. Dazu gibts eine Schöpfkelle, mit der man sich nass macht. Der Abfluss ist im Boden.

P1040472Folgerichtig zeigt sie mir auch wie man einen Aufguss macht. Punkt. Mehr muss man auch nicht erklären. Ich weiss, dass das tatsächlich die einzige wirkliche finnische Saunaregel ist: Man macht in einer fremden Sauna ohne entsprechende Instruktion keinen Aufguss auf eigene Faust. Man weiss ja schliesslich nicht um die Eigenheiten des Saunaofens. Ansonsten gibt es keine Regeln. Die 10 Saunaregeln die man in Deutschland hier und da zu lesen bekommt, sind keine finnische Erfindung. Ich tippe mal auf Deutsch. Hüva Leili!

 

Tag 48 – Riga

20. August – 244.6 km von Beržoras nach Riga

Eigentlich wollte ich gar nicht nach Riga. Aber nachdem die Route mehr oder weniger in jedem Fall dran vorbei führt, kann ich auch mal einen Blick reinwerfen. Ein anderer Gast auf dem Campingplatz hat mir auch noch empfohlen, auf jeden Fall am Berg der Kreuze vorbeizufahren. War zwar eigentlich nicht auf der Route, aber man kann die ja spontan anpassen.

Auf dem Weg dahin konnte ich live einem Storchenporno beiwohnen. Eigentlich wollte ich ja nur ein schönes Bild vom Nest mit Störchen drin schiessen. Aber die beiden haben sich dann echt noch für mich ins Zeug gelegt.

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Beim Absatteln kommt ein weiterer Moppedfahrer vorbei, der auch was länger unterwegs ist, so wie der bepackt war. Wir kommen ins Gespräch und er stellt sich als Allan vor. Ist aus Kalifornien und ist drei Monate in Europa unterwegs. Sagt, das wäre die kurze Tour. Vorher wäre er drei Jahre durch die ganze Welt unterwegs gewesen. Wir quatschen noch ein wenig und er drückt mir einen Sticker als Visitenkarte in die Hand, auf dem der Link zu www.worldrider.com ist. Noch so ein Verrückter 😉

Der Berg der Kreuze ist eigentlich ein Hügel. Aber dafür voll, über-über-voll mit Kreuzen.

Für die Weiterfahrt entscheide ich mich für die ungepflasterte Strasse. Und die wird immer ungepflasterter bis hin zum groben Feldweg. P1040407Aber alles noch fahrbar. Grade so. Und jede Menge Spass dabei gehabt.

Später, wieder auf der Landstrasse entdecke ich dann noch einen weiteren phantasievoll „geparkten“ Feuerwehrwagen bei einer Auto-Service Station.

IMG_3946Dann nach über die lettische Grenze. Mein erster Eindruck: Sauber und aufgeräumt. Geradezu adrett. Landstrassen grade und platt, rechts und links Häuschen die wie rausgeputzt wirken. Bis Riga geht das so. Und eine Kirche in für meine Augen sehr ausgefallenen Farben erweckt mein Interesse.

Aber dann habe ich den Eindruck, Riga mag mich nicht bei sich haben. Streckenweise Kopfsteinpflaster vom Übelsten mitsamt knietiefen Pfützen die mir eine willkommene Abkühlung beschaffen. Und plötzlich, ein paar 100 m vor dem Hotel: Strassensperre. Naja, denke ich. Fahr ich halt aussen rum und von der anderen Seiten ran. Von da auch: Strassensperre. Meine Gurkerei sieht man gut auf dem Track oben wenn man bei Riga reinzoomt.

Ich stoppe direkt vor Polizei und Militär und bin ein wenig ratlos. Als die sich so gar nicht um mich kümmern, ergreife ich die Initiative und frage, wie ich zur Adresse des Hotels komme. Die beiden Militärs gucken sich an und zucken mit den Schultern. So richtig wissen sie das auch nicht. Es entspannt sich dann ein Gepräch, in dem sich rausstellt, dass am 21. August der Unabhängigkeitstag gefeiert wird und die ganze IMG_3954Innenstadt gesperrt ist. Und mitten drin ist mein Hotel. Da war sie wieder, meine Länderübertritts-Checkliste, die einmal mehr des Studiums wert gewesen wäre.

Geparkt habe ich letztlich in einem Parkhaus ausserhalb der Innenstadt, aber nur 7 Minuten Fussweg vom Hotel. Den musste ich natürlich zweimal machen. Zwei Gänge brauche ich schon um abzusatteln. Dafür entschädigt mich Riga mit einer traumhaften Altstadt und das Hotel Justus war sowohl vergleichsweise günstig, unglaublich gut gelegen als auch sehr geschmackvoll mit sehr viel Liebe zum Detail eingerichtet. Bei der Renovierung wurden wohl auch ein paar alte Zeitungen gefunden — in deutsch aus dem Jahre 1873.

Und zum Schluss noch ein paar Eindrücke vom nächtlichen Riga. Für mich ein Geheimtipp. Nicht so überlaufen wie Prag, sehr gemütlich Abends zum draussen sitzen und Essen, Strassenmusiker an jeder Ecke, die zum einen echt was drauf haben, meist klassische Instrumente spielen und sich dazu auch noch angenehm im Hintergrund halten. Man geht aber quasi stets in Musik, ohne dass es jemals lästig würde.

 

Tag 22 – Teer wird vollkommen überbewertet

270.8 km von Brasov nach Sambata de Sus

Eigentlich sind das nur 88 km, wenn man direkt fahren würde. Aber der Weg ist das Ziel. Und heute war viel Weg. Und viel Umweg. Und viel Umsonstweg 😀

IMG_3205Nachts wird es hier recht frisch. Das Thermometer zeigte grad mal 12°C an. Aber das juckt das Wetter nicht. Als ich fertig gepackt habe, ist schon wieder moppelig warm. Der Tag startet dann damit, dass sich ausrüstungstechnisch beginnt, die Spreu vom Weizen zu trennen. Nächste Ausfallerscheinungen zeigen sich. Heute hats die GoPro Verlängerung erwischt, die man eigentlich braucht, um das wegen des Zusatzakkus dickere Gehäuse trotzdem passend zu machen. Egal. Passt auch ohne.

Nach Valea Dăii,Aus dem Augenwinkel beim Vorbeifahren sehe ich eine Schotterpiste von einer Parkbucht aus weggehen. Die geht bis Valea Dăii und kann nicht wiederstehen. Schöne Strasse, gut zu befahren.

Es gibt jede Menge deutsche Ortsnamen. Ist mir schon auf der Karte aufgefallen. Normalerweise übersetzen die deutschen Karten nur die grossen Städte für die es Eigennamen gibt. Aber nicht so viele kleine Dörfer.  MIr wurde glaubhaft versichert, dass es hier keine deutsche Geschichte gibt. Gut, dass ich nicht alles glaube, was man mir glaubhaft versichert. Ich habe sieben Burgen zusammengezählt und bin in Siebenbürgen gelandet. Das ist nämlich hier und war um 1200 rum ziemlich deutsch. Und da sind ganz witzige deutsche Namen dabei. Burgen gibts hier wirklich jede Menge.

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Das Navi führt mich auf die DJ 143 an Peschendorf und Kreisch vorbei. Bei Kreisch hätte ich schon aufmerksam werden sollen. Wie ich mittlerweile weiss, sind die DN in Rumänien gut ausgebaute Überlandstrassen mit recht gutem Belag. Bei den DJ hat man eher so das Überraschungspaket und weiss nicht wirklich was kommt. Kann gut gehen, muss aber nicht. In dem Fall wurde aus dem schlechten Teerbelag ein guter ungeteerter Belag, dann gings in Richtung Sandpiste, die sich im Wald hier und da in eine Schlammpiste verwandelt.

 

Als mir zwei Enduristen mit leichten Maschinen entgegenkommen gucken sie etwas komisch und fragen, wo ich denn mit der Dicken und dem Gepäck hinwolle. Ich zeige nach vorne. Sie schütteln mit dem Kopf und sagen, Sie hätten schon schieben müssen. Und haben leichte Maschinen und waren zu zweit. Ich glaube, es war eine gute Entscheidung umzukehren und, den Rest der Strasse grossräumig zu umfahren. Hat mir weh getan weil die einen Heidenspass gemacht hat. Aber alleine und mit einer 360 kg Maschine plus Gepäck, das macht keinen Sinn. Beim Wenden ist sie mir dann glatt umgefallen und wenn ich mir vorstelle, ich hätte das ganze Gewicht mehr als einmal hochwuchten müssen …

Der Umweg ging dann über DJ 106, 104D, 105AP1020989. Da weiss ich bis zum Schluss nicht, ob ich durchkomme. Aber ich kam. Und wurde mit einem Meisterstück in kreativem Parkieren belohnt. Ich gebe zu, dass ich für so etwas voller Bewunderung bin. Auch die beiden älteren Damen, die mich aufmerksam beim Fotografieren beobachtet haben, mussten mir zustimmen, dass das mal grandios parkiert ist. Wobei ich mir die Stelle angeschaut habe. Ich habe wirklich keinen blassen Dunst, nicht mal theoretisch, wie der dahin gekommen ist. Mitsamt Anhänger.

StorchennestUnd zum Abschluss nochmal einen von Meister Adebahr mitsamt Nachwuchs. Ebenfalls bewundernswert, wie die das Nest auf die Masten befestigt bekommen, so dass es hält.

Gelandet bin ich in einer kleinen Pension mit Blick direkt von Norden auf die Karpaten. Bis zu den Bergen ist recht plattes Land und dann wachsen da plötzlich bewaldete Berge hoch. Faszinierend.  Morgen dann gehts auf eine der beiden Strassen, die ich hier unbedingt fahren wollte: Die Transfagarasan. Ich freu ich jetzt schon und das Wetter soll gut werden.