Weiter geht’s mit der nächsten größeren Tour: Eine Woche lang Italien erleben.
Heute: 508 km von Bahlingen nach Magadino am Lago Maggiore
Heute war sicherlich einer der Tage mit einem der seltsamsten Erlebnisse bisher in meinem Leben. Na, zumindest heute Abend. Dazu später mehr.
Marcus und Heimo sind gestern abend aus Stuttgart gekommen und wir haben’s uns den Abend bei Grill und Bier gut gehen lassen. Noch die lezten Vorbereitungen getroffen und dann kurz nach 9 heute morgen losgedüst, Richtung Schweiz. Der Südschwarzwald nebst der Schauinslandstrecke, die Freitags glücklicherweise nicht gesperrt ist, hat uns schonmal einen guten Auftakt beschert.
Bei Stein am Rhein über die Grenze, noch schnell eine Vignette für die Schweiz gekauft und dann Richtung Alpen. Sehr nette Zöllner übrigens und hilsbereit. Der war sogar besorgt, dass ich eine passende Stelle für die Vignette am Motorrad kenne. Ich meine wirklich besorgt, nicht so der erhobene Zeigefinger-Typ, der mir sagt wo ich sie nicht hinkleben darf.
Und dann erstmal Horror bevor die Schweizer Alpen befahren werden können: Die Schweizer Autobahnen. Ich kann mich einfach nur sehr schwer an die 120 gewöhnen. Mit dem Motorrad eine echte Herausforderung nicht vor Langeweile einzuschlafen. Gut dass es die Tunnel gibt: Sonnenvisier hoch, Sonnenvisier runter, Sonnenvisier hoch, oha, hier nur 80, Sonnenvisier wieder runter, … So ging’s dann bis zur ersten Pause.
Ich bin echt froh, dass die Schweizer fast überall Kreditkarten nehmen. Denn der einzige (!) Geldautomat in der niegelnagelneuen Rastanlage Affoltern war nämlich defekt. Also erstmal. Dann später nicht mehr. Und dann wieder doch….. Okok. Der Reihe nach. Zur Mittagspause sind wir in die Rastanlage und ich trau meinen Augen nicht. Picobello, Modern, Mall, Einkaufsläden, klasse Athmosphäre. Da können sich die allermeisten Rastanlagen in Deutschland eine Scheibe von abschneiden.
Gutes, leckeres und reichliches Essen versüßt uns die Pause. Nach der Pause auf Weg zu den Moppeds dann wieder am Geldautomat vorbei, der wieder OK war. Heimo hat Geld bekommen. Bei mir dauert’s. Der Automat zählt. Es dauert. Der Automat zählt schon wieder. Ok. Liegt vielleicht daran dass ich 110 Franken wollte damit ich Kleingeld für’s Klo bekomme. Der Automat zählt. Die ganze Zählerei geht so 5-6 mal, dann die Meldung: „Der Automat ist kaputt und jetzt geht gar nix mehr“. Bluescreen. hmmm. Hat er die Transaktion genommen? Ist mein Konto belastet? Das werd ich wohl erst zu Hause wissen. Sicherheitshalber erstmal ein Beweisfoto gemacht ….
Dann die Schweizer Pässe: Susten, Grimsel, Furka, Gotthard. Klasse. Immer wieder eine Freude. Und sogar recht zeitig am Lago Maggiore angekommen um noch ein Zimmer zu bekommen.
Eine freundliche ältere Dame empfiehlt uns das Hotel Favini mitsamt Restaurant am See als sie mitbekommt, dass wir auf der Suche nach einer Bleibe sind. Meine Mutti hat schon immer gesagt ich sollte mich von fremden Menschen nicht ansprechen lassen. Hätte ich mal besser auf sie gehört … 😉
Zimmer ist zwar an der Straße, aber OK. Kann man nicht meckern. Restaurant ist gegenüber und hat eine gute Karte mit schweizer und italienischen Gerichten. Freundliche Bedienung und gemütlich auf der Terasse. Immer noch alles voll OK. Und dann mache ich den verhängnisvollen Kapitalfehler des Abends: Ich frage nach dem WLAN-Key für’s Hotelnetz.
Merker #1: Niemals in der Schweiz nach WLAN-Keys fragen!
Die Bedienung ist so nett den Key rauszurücken (den ich genau genommen auch selbst hätte erraten können, im favinihotel). Der Chef/Mann bekommt das mit und ist besorgt dass wir, drei Kerle auf Motorrädern damit Illegales treiben könnten. Er bittet uns, das nicht zu tun weil das auf ihn zurück fiele. Etwas irritiert, aber verständnisvoll, sagen wir ihm das natürlich zu.
Kurz darauf kommt er an den Tisch und fragt uns woher wir kommen und ob wir Süssen bei Göppingen kennen. „Och“. Denke ich. Wie nett. „Der Gastwirt zeigt Interesse an seinen Gästen“. Als er dann noch sagt, seine Schwiegermutter käme daher, scheint das Eis gebrochen und der Abend verspricht unterhaltsam zu werden.
Merker #2: Sich niemals in der Schweiz als Deutscher zu erkennen geben!
Beim nächsten Mal, als er vorbei kommt, fragt er, ob wir einen Typ irgend eines deutsch klingenden Namens kennen, der im Krieg bei/mit Mazedonien gekämft hat. In dem Moment hätte ich gerne mein Gesicht gesehen! Ok. Der Abend verspricht interessant zu werden.
Nun. Er ist der Wirt und kommt oft an unserem Tisch vorbei. Beim nächsten Mal fragt er uns nach unserer Meinung zum Europäischen Krieg. WTF ….
Scheinbar haben unsere Antworten ihn nicht beruhigt und beim nächsten Mal fragt er nach unseren Ausweisen. Nach einigem Lamentieren gibt er sich mit meinem zufrieden. Offensichtlich hat mein Ausweis mit Bild in Anzug und Krawatte ihn außerordentlich erregt, zumal er jetzt Schwarz auf Weiß hat, dass ich Deutscher bin.
Als er mit dem Ausweis zurück kommt, fragt er uns aus welchen Orten wir genau kommen. Ich: „Aus Freiburg“. Heimo und Marcus:“Aus Stuttgart“. „mmmh.“ Denke ich. Ok. Der Ausweis macht wohl einen gefälschten Eindruck. Dass mein Kennzeichen aus EM ist, und Heimos aus WN macht die Sache wohl nicht glaubwürdiger.
Im vorbeigehen stellt er fest, dass mein Bart nun länger ist, als auf meinem Ausweisbild. Für mich nicht weiter ungewöhnlich. Schließlich ist der Ausweis von 2005 und in 5 Jahren kann man sein Aussehen als Mann, bedingt durch Bartwuchs schonmal verändern. OK. Ich habe mir heute den Kopf rasiert, vielleicht hat ihn das nervös gemacht.
Merker #3: Niemals nach Ausstellen des Ausweises die Haare verändern!
Bei der nächsten Runde an unserem Tisch vorbei, bittet er uns sehr eindringlich, unsere Kennzeichen auf einen Schmierzettel zu notieren. OK. Das reicht. Ich bitte also um die Rechnung — nachdem wir vorher schon vereinbart hatten wie wir möglichst schnell aus dem Restaurant rauskommen zahle ich für alle per Kreditkarte.
Da mir die Situation mittlerweile extrem suspekt vorkommt, gehe ich mit der Bedienung zum Gerät um meine PIN einzugeben und lasse meine Karte nicht aus den Augen. Prompt verlangt der freundliche Herr dass ich das Zimmer bereits im Vorfeld bezahle. Meine Frage ob das in der Schweiz so üblich ist, kontert er mit einem bestimmten „Ja“. Scheinbar ist seine Bedienung aber anderer Meinung und weigert sich die Transaktion für das Zimmer mit meiner Karte vorzunehmen. Daraufhin statiert unser Gastgeber dass wir bei der Abreise zahlen sollen. So, wie das in allen Hotels der Fall ist, in denen ich bisher übernachtet habe.
Zum Schluss beglückt uns unser Gastgeber noch mit dem laut gezeterten Statement, dass das jetzt schon das zweite Mal in 6 Jahren wäre, das mit den Deutschen. Und darauf hin beschließen wir unsere Moppeds gesondert zu sichern und die Koffer innen vor die Zimmertüre zu stellen damit wir im Falle des Falles nachts wenigstens geweckt werden.
Ich würde mich nicht wundern, wenn wir morgen früh Schäden an den Moppeds hätten … Ich lasse mich überraschen und hoffe dass die Nacht ruhig wird. Auf jeden Fall werde ich gleich noch packen damit ich schnellstmöglich abfahrbereit bin.
Irgendwie komm ich mir vor wie bei „Versteckte Kamera“. Hat das zuletzt nicht auch ein Schweizer gemacht?
Auf jeden Fall geht’s morgen nochmal zwei Stunden, dann sind wir da wo wir hin wollen!
Achja: Und dieser Blogpost ist natürlich ohne Benutzung des Hotel-WLANs enstanden!